Aus für Berliner Journalistenschule: Zwangspause
Die Berliner Journalistenschule stellt ihre Ausbildungsarbeit wegen Finanzproblemen ein - bewundernswert und verwunderlich zugleich.
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Nun ist es amtlich: Die Berliner Journalistenschule BJS kann ihren Ausbildungsbetrieb wegen fehlender Finanzmittel nicht mehr fortsetzen (die taz berichtete am 8. 12. 2008). Dies beschloss der Verein der Freunde und Förderer der BJS auf seiner Mitgliederversammlung am vergangenen Donnerstag. Während die 15-monatige, kostenlose Journalistenausbildung für mindestens ein halbes Jahr ausgesetzt werden soll, werde aber am kostenpflichtigen Weiterbildungskonzept für Journalisten und Öffentlichkeitsarbeiter weiterhin festgehalten. Das aktuelle Programm mit rund 50 Weiterbildungsseminaren für Journalisten und Öffentlichkeitsarbeiter solle möglichst noch ausgebaut werden, um zusätzliches Geld einzunehmen, so Schulleiter Manfred Volkmar. "Sollte sich die Finanzlücke so aber innerhalb diesen halben Jahres nicht schließen lassen, müsste der Lehrbetrieb sogar bis April 2010 ausgesetzt werden."
Bisher finanzierte sich die Schule größtenteils über Zuwendungen aus dem Europäischen Sozialfonds und dem Berliner Landeshaushalt. Im Zuge der Finanzkrise wurden diese Fördermittel jetzt bis auf Weiteres gestrichen. Auch auf Hilfe vom Deutschen Journalisten-Verband, aus dem die Schule 1989 hervorging, kann die BJS in Zukunft nicht mehr hoffen. Im Gegensatz zur Evangelischen Journalistenschule, deren Bestand von der Evangelischen Kirche Deutschland mit rund 1,5 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren großzügig gesichert wird, muss die BJS versuchen, aus eigener Kraft das Finanzloch von rund 140.000 Euro zu schließen.
Immerhin, die Mitglieder haben auf dem Treffen der BJS-Freunde klargemacht: Am Prinzip, angehenden Journalisten ein kostenloses Studium anzubieten, solle sich nichts ändern: "Wir wollen unsere Studienplätze nicht verkaufen, Studiengebühren oder Ähnliches kommen für uns nicht infrage", versichert Schulleiter Volkmar.
Bewundernswert und verwunderlich zugleich, dass sich die BJS dem allgemeinen Trend widersetzt, Studenten für ihre Ausbildungen und Studiengänge zur Kasse zu bitten. Trotzdem sollte man meinen, neue Ideen und Finanzierungsmodelle seien nun nötig, um die heiß begehrten Lehrangebote langfristig zu sichern. Der abgesegnete Notfallplan erweckt jedoch leider den Eindruck, die BJS sitze die Krise lieber aus, als an neuen Studienkonzepten zu arbeiten.
Vor allem am Konkurrenz- und Revierverhalten auf dem Berliner Journalistenschulenmarkt wird sich wohl auch in Zukunft kaum etwas ändern. Zwar sind die angebotenen Seminare und Lehrgänge der Berliner Journalistenschmieden zum Teil identisch, Kooperationen sind jedoch nicht geplant.
OLIVER HARB
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