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Archiv-Artikel

Aus drei mach eins

Justizminister der Länder wollen nur noch einen Gerichtstyp für Finanz-, Sozial- und Verwaltungsfragen: „Bedeutendstes Reformvorhaben der deutschen Justizgeschichte“

Bremerhaven dpa ■ Für Rechtstreitigkeiten um Finanz-, Sozial- und Verwaltungsfragen soll künftig in den meisten Bundesländern nur noch ein Gerichts-typ zuständig sein. Das haben die Justizminister der Länder gestern zum Auftakt ihrer zweitägigen Jahreskonferenz in Bremerhaven beschlossen. Die Zusammenlegung von Finanz-, Sozial- und Verwaltungsgerichten soll die unterschiedlichen Belastungen der Gerichte ausgleichen.

Bei der Neuordnung handelt es sich nach Ansicht der baden- württembergischen Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP) um „das bedeutendste Reformvorhaben der deutschen Justizgeschichte“. Die Ministerin ist Vorsitzende der Bund-Länder-Kommission, die die Reform vorbereitete. Um den Weg für die neue Gerichtsstruktur zu ebnen, wollen die Länder-Justizminister über den Bundesrat eine entsprechende Grundrechtsänderung veranlassen. Sie braucht eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag.

Die geplante Reform stieß bereits vor der Ministertagung auf Kritik. Der Deutsche Gewerkschaftsbund überreichte dem Bremer Regierungschef und Justizsenator Henning Scherf (SPD) eine Liste mit mehr als 10.000 Unterschriften gegen die Neuordnung. Die effektiven Strukturen eigenständiger Gerichte dürften nicht leichtfertig aufgegeben werden, hieß es darin. Mit „großer Skepsis“ reagierte auch der Deutsche Anwaltsverein (DAV) auf den Beschluss der Justizminister.

Nach Ansicht von Werwigk-Hertneck erfordert die Agenda 2010 die Neuordnung: „Auf das Hin- und Herschieben von Zuständigkeiten durch den Bund wie auf einem orientalischen Basar müssen wir flexibel reagieren können.“ Neben einer Vereinfachung des Justizsystems wollen die Minister mit der Reform einen Lastenausgleich zwischen den Gerichten schaffen, der nach Angaben der Kommission auf freiwilliger Basis nicht funktioniert habe. Obwohl die Verwaltungsgerichte immer weniger und die Sozialgerichte immer mehr zu tun haben, seien zu wenige Richter zu einem Wechsel bereit gewesen, stellte die Kommission in ihrem Abschlussbericht fest.