Aus dem Vereinsleben: Uferlos abtanzen
■ Fairmann, hol über: Zwanzig Jahre Anderes Ufer & dicke Luft im House
Etwas Süßes zum Vernaschen? Wer kann dazu schon nein sagen! Frische Erdbeeren im Schokoladen-Schlafrock, einfach köstlich! Ach, Gerhard, da darf man nicht auf den Bauch achten, da muß man sich, ganz männlich-natürlich, zum Früchtchen-Hascher bekennen und anstoßen mit Sekt vom Silbertablett, der heute selbstredend aufs Haus geht.
Happy birthday, Anderes Ufer. Frohes Jubiläum, Gerhard Hoffmann. Seit zwanzig Jahren, wer hätte es geglaubt!, gibt es das schwul-lesbische Ufer in der Schöneberger Hauptstraße. Strauß hatte damals noch gewettert: „Mir ist ein kalter Krieg allemal lieber als ein warmer Bruder“; Gerhard Hoffmann und Reinhard von der Marwitz haben trotzdem am 1. April 1977 Europas erstes offen homosexuelles Lokal eröffnet. Heute ist das Ufer schlichtweg eine Berliner Institution.
Geburtstagsparty am Samstag abend: Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Ziemer, elegant in Schwarz, brachte eine Anekdote mit. „Gerhard hat mich im Urlaub in Schweden angerufen und gesagt: ,Du, Elisabeth, das Rathaus brennt.‘“ Erst wollte sie es nicht glauben, aber dann... Ziemers Geburtstagsgeschenk an Gerhard: ein Buch in Schwedisch mit der Widmung „Dem reitenden Boten der Bezirksbürgermeisterin“.
Keine Promis, sondern das ganz normale auf nichtnormal gestylte Partyvolk drängelte sich vor der Tür. Das Fairhouse- Team hatte in die Kalkscheune geladen! Kein Auto kam mehr durch zum Scheunentor in der Johannisstraße in Mitte, kein Outfit war dem Jungvolk zu kalt: Tigerminiröcke, bauchfreie Tops, weiße Hemden unter Anzügen aus den Siebzigern und Sonnenbrillen im Haar, gleich neben der kleinen bunten Klickhaarspange.
Abtanzen war das Gebot der Nacht, durchtanzen unter einer mit Laken abgehängten Decke und in der in oranges Schummerlicht getauchten Goldmine im Keller, antanzen vor projizierten Karomustern zu House- Musik. Damit es auch wirklich klappte, animierten zwei Go- go-Girls in Unterwäsche und ein Go-go-Boy mit blonder Wuschelkopfperücke, nacktem Bauchansatz und silberner Glitzerhose. Auf dem Weg zur Theke war derweil von Fairhouse-Fairness im Gedränge nichts zu spüren. So trieb es schließlich auch den gemeinen Partygänger auf die luftigen Podeste, doch den kreisenden Bauch der Go-go-Tänzerin konnte niemand überbieten.
Übrigens: Die schlechte Luft wurde Ihnen präsentiert von Marlboro. B. Richter
wird fortgesetzt
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