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Archiv-Artikel

„wir“, olympia etc. Augenaufschlags-Bronzemedaille

Die Olympischen Winterspiele sind eine beruhigende Fernsehunterhaltung. Sie versetzen einen nicht in Aufregung, weil es einem im Grunde genommen nicht so wichtig ist, wer gewinnt. Vielleicht ist es auch nur in meiner Parallelwelt nicht so wichtig, wer gewinnt; vielleicht tun die, denen es so wichtig ist, dass „wir“ gewinnen, auch nur so als ob. Andererseits ist es auch ganz schön, wenn „wir“ gewinnen, jedenfalls, wenn dies „wir“ sympathisch scheint.

Aber der schwarze Bob der Italiener sah trotzdem schicker aus als der unsrige!

Aber der unsrige Bob war auch nicht doof oder peinlich!

Es ist angenehm, dass wir so viele schöne Medaillen holen.

Aber eben nicht wirklich wichtig. Wie soll man sagen: Bei den Berliner Filmfestspielen hatte ich mich über einige deutsche Filme gefreut, weil sie sehr wahrhaftig waren. Dass es dafür Preise gab, war schön, aber wichtiger als der Preis war der Film. Und es gibt eben andere Parallelwelten, in denen die Preise wichtiger sind, als das, wofür sie vergeben werden. Hallo, du offenes Scheunentor!

Wie soll man sagen: Ihr Lauf war wunderbar, aber vor allem die Art, wie sich dann Anni Friesinger über ihre Augenaufschlags-Bronzemedaille gefreut hatte, war viel besser, als es eine Goldmedaille gewesen wäre.

Anders als bei fußballerischen Großereignissen muss man bei der Winterolympiade nicht alles gucken und verfällt nicht in übertriebene Traurigkeit, wenn eine Mannschaft, die man sich als Lieblingsmannschaft, also als Repräsentanten seiner selbst, ausgesucht hat (meist Rumänien), dann in einem meist eher langweiligen Spiel rausfliegt.

Es ist schön, den Fernseher anzumachen, wenn man nach Hause kommt. Oft läuft die Olympiade auch nur im Nebenzimmer. Manchmal gerät man in eine Live-Reportage, manchmal sind es auch nur Aufzeichnungen auf Eurosport. Man sieht Skilangläufern bei ihrer Arbeit zu. Sie laufen durch einen verschneiten Wald. Es ist eine Aufzeichnung. In Wirklichkeit ist ihre Arbeit längst getan. So kann man sich dann auch beruhigt schlafen legen. Ich freu mich schon aufs Curling!

DETLEF KUHLBRODT