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Archiv-Artikel

Aufseher im Verdacht

Ermittlungen gegen Italiens Notenbankchef Fazio. Er soll unerlaubt in einen Bankenkampf eingegriffen haben

ROM taz ■ Die Staatsanwaltschaft Rom ermittelt gegen Italiens Notenbankchef Antonio Fazio wegen Amtsmissbrauchs. Auch strafrechtlich wird damit nun Fazios Rolle bei der Übernahmeschlacht um zwei italienische Banken aufgearbeitet.

Sowohl im Kampf um die Banca Nazionale del Lavoro (BNL) als auch in der Auseinandersetzung um das Bankhaus Antonveneta standen in den vergangenen Monaten ausländische Großbieter gegen inländische Interessenten: Die BNL war im Visier von Spaniens Banco Santander, aber auch der der italienischen Genossenschaftsbewegung gehörende Versicherungskonzern Unipol; und auf die Antonveneta war die niederländische ABN Amro genauso scharf wie die Banca Popolare Italiana (BPI).

Dabei wurde mit harten Bandagen gekämpft: Sowohl die Unipol als auch BPI-Chef Gianpiero Fiorani verbündeten sich mit ebenso zwielichtigen wie kapitalschweren italienischen Immobilienhaien, die gezielt Anteile an den beiden umkämpften Banken aufkauften – und gegen die nun wegen Insiderhandel ermittelt wird. Ein weiterer Mitkämpfer auf dem Spielfeld war offenkundig der eigentlich als Schiedsrichter vorgesehene Fazio, dem als Gouverneur der Banca d’Italia auch die Bankenaufsicht obliegt. Im Sommer bekannt gewordene Abhörprotokolle machten deutlich, dass er ein äußerst inniges Verhältnis zu Unipol und BPI pflegte, auf Kosten der ausländischen Interessenten, die in der Bieterschlacht nicht zuletzt durch Auflagen Fazios ausgebremst wurden.

Fazio vertritt seit Jahren die Meinung, dass Italien in Europa nur dann oben mitspielen kann, wenn die Banken des Landes unter nationaler Kontrolle bleiben. Zu Hause war Fazio deshalb ein von beiden politischen Lagern umworbener Star – bis er mit seinen Manövern den Ruf des Finanzplatzes Italien schwer schädigte. Vertreter der Regierung und der Opposition fordern nun den Rücktritt des auf Lebenszeit Berufenen – bislang erfolglos.

Aufgeben musste dagegen der BPI-Chef Giampiero Fiorani. Er legte mittlerweile alle seine Ämter in der Bank nieder, die zugleich bei der Übernahme der Antonveneta einen Rückzieher machen musste. Je intensiver die Staatsanwälte prüften, desto deutlicher wurde, dass die BPI die Übernahme mit undurchsichtigen Manövern finanziert hatte. BPI bot jetzt doch der niederländischen ABN Amro die Übernahme des Mehrheitspakets an der umkämpften Antonveneta an. Seine eigentliche Schlacht um den „nationalen“ Finanzplatz hat Fazio also verloren. MICHAEL BRAUN