Kommentar: Aufs rechte Maß
■ Demoverbote und keine Entwarnung
Gestern hat das Verwaltungsgericht entschieden, heute wird das Oberverwaltungsgericht nachziehen: Der Rudolf-Heß-Gedenkmarsch ist und bleibt verboten, in Bremen wie überall. Niemand hat ernsthaft noch damit rechnen können, irgendein Ordnungsamt in der Republik würde das Verbot verpennen. Das war immer wieder spekuliert worden, geht aber ziemlich an den Tatsachen vorbei, denn: Die Neonazis selbst haben mit ihrer offensiven Pressepolitik dafür gesorgt, daß alle Demoanmeldungen publik wurden. Fast könnte man mutmnaßen, es war ihnen ganz recht so, um dann umso vehementer für andere Zwecke zu mobilisieren.
Kann sein, daß die Szene mit dem Verbot gespielt hat, trotzdem: Die Verbote waren richtig und wichtig. Organisationsverbote bringen wenig, ohne Strukturen wird die Auseinandersetzung mit Rechts nur schwerer. Aber es bleibt wichtig, diesen Organisationen Grenzen zu setzen. Gerade in der Auseinandersetzung mit autoritären rechten Charakteren wäre nichts fataler, als das Signal, nun gebe es staatlich und gesellschaftlich sanktionierte Freiräume.
Allerdings steht die Szene nun unter einem enormen Druck. Auch die paar Bremer Hanseln und Greteln werden am Ende der kommenden „Aktionswoche“ etwas vorweisen wollen. Auch wenn die Neonazis per Gericht auf's rechte Maß gestutzt worden sind – es gibt noch lange keinen Grund zur Entspannung. Jochen Grabler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen