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Aufruhr im Wohnblock

Bundesminister Töpfer verspricht stärkere Berücksichtigung von Selbsthilfegruppen im Baurecht, will aber nichts von Mietobergrenzen wissen  ■ Von Gereon Asmuth

Bundesbauminister Klaus Töpfer will Selbsthilfegruppen von MieterInnen stärker im Baurecht verankern. Das sagte der CDU- Politiker am Montag abend bei einer Diskussionsrunde im Staatsratsgebäude. Unter dem Motto „Wohngeld runter, Mieten rauf, Sozialwohnungen vor dem Ausverkauf“ hatte die grüne Bundestagsabgeordnete Franziska Eichstätt-Bohlig neben dem Minister auch die Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Hartmann Vetter, und der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM), Karl- Heinz Schmidt, geladen.

Eichstätt-Bohlig träumte von einer in Zeiten sinkender Reallöhne und steigender Arbeitslosigkeit dringend notwendigen Obergrenze für Mietpreissteigerung, hielt das aber selbst für utopisch. Schmidt hoffte auf den Ersatz der Wohnbauförderung zugunsten eines individuellen Wohngelds, was Töpfer aber gleich als „eindeutige Subvention der Vermieter“ ablehnte.

Nur der bescheidene Vetter darf vorläufig auf Wunscherfüllung hoffen. Aufgeschreckt durch die FDP, die vergangene Woche eine größere Vertragsfreiheit im Mietenrecht zum Abbau von Investitionshemmnissen gefordert hatte, bat der Mietervertreter den Bauminister, sich an sein Versprechen zu halten. Töpfer hatte früher mehrmals zugesichert, daß es keine Verschiebungen im Interessenausgleich zwischen Mieter und Vermieter geben werde. Der Minister versprach's erneut.

Ohne Perspektiven für junge Menschen, warnte dann noch WBM-Chef Schmidt, wachse nicht nur der Vandalismus in den Wohnblocks, sondern auch ihm unliebsames „revolutionäres Potential“. Das brachte ihm zumindest einmal den Applaus des Publikums ein.

Grundlegende Änderungsvorschläge zur Wohnungspolitik kamen fast nur aus dem mit Vertretern von Parteien, Sanierungsträgern und Mieterberatern gespickten Publikum. Der kommunale Wohnungsbau müsse gefördert werden, verlangte die eine, denn nur mittels des Gemeinwesens sei die Wohnungsmisere zu lösen. Die unselige Zwangsprivatisierung müsse abgeschafft werden, forderte ein anderer.

Töpfer will zukünftig zwar Selbsthilfegruppen im Baurecht verankert wissen, doch die dafür praktikable Kapitalisierung des Wohngelds scheitere leider am Grundgesetz. Auch die Genossenschaftsbewegung würde Töpfer gerne weiter fördern. Doch sie liege wegen der gestiegenen Flexibilität der Bevölkerung nicht mehr im Trend. „Wenn man Töpfer nach dem Weg fragt, kriegt man nur einen Wetterbericht“, ärgerte sich ein älterer Zuhörer und zog von dannen.

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