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Aufnahme von Guantanamo-HäftlingenUnion begehrt gegen Innenminister auf

Der Protest in der Union gegen die von Innenminister de Maizière geplante Aufnahme von Häftlingen des US-Lagers Guantanamo wächst. Der CSU-Generalsekretär wirft ihm indirekt Blauäugigkeit vor.

Für die CSU "potentielle El-Kaida-Helfer": Häftlinge im US-Lager Guantanamo. Bild: dpa

HAMBURG afp/dpa | In der Union formiert sich Widerstand gegen die von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) geplante Aufnahme von Häftlingen aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo in Deutschland. "So blauäugig kann doch keiner sein, dass wir uns potentielle El-Kaida-Helfer ins Land holen", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt dem "Spiegel". Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe in Berlin, Stefan Müller, sagte: "Ich lehne eine Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen in Deutschland ausdrücklich ab."

Nach Informationen des "Spiegel" machte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) intern deutlich, dass die gesamte Fraktion die Pläne der Regierung ablehnt. Das Bundesinnenministerium hatte vor einigen Tagen bestätigt, eine Aufnahme von Gefangenen aus Guantanamo zu prüfen. Zur Nationalität der Gefangenen, die Deutschland aufnehmen könnte, sowie zu einem möglichen Zeitpunkt der Aufnahme machte das Ministerium keine Angaben. Im vergangenen Jahr hatte Deutschland - auch aus Rücksicht auf China - eine Aufnahme von in Guantanamo einsitzenden Uiguren abgelehnt.

Nordrhein-Westfalen knüpft eine eventuelle Aufnahme von Gefangenen an Bedingungen. Die Bundesregierung müsse Gefahren für die Sicherheit des Landes ausschließen, forderte NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) am Mittwoch in Düsseldorf. Dazu sei eine genaue Einzelfall-Prüfung unabdingbar. "Aus rechtsstaatlichen Gründen ist zu begrüßen, dass US-Präsident Barack Obama Guantánamo schließen will", sagte Wolf. Für die Außenpolitik sei aber die Bundesregierung zuständig. Sie habe humanitäre Aspekte abzuwägen und Sicherheitsbelange zu berücksichtigen.

Bayern ist strikt gegen eine Aufnahme. "Nach Bayern kommt mir keiner rein", sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gleich nach Bekanntwerden neuer Verhandlungen mit den USA. In Berlin wird derzeit geprüft. Eine eventuelle Aufnahme richte sich auch danach, ob die Häftlinge einen Bezug zu Deutschland hätten und kein Sicherheitsrisiko darstellten, hatte ein Regierungssprecher Anfang der Woche gesagt.

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4 Kommentare

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  • T
    TOM

    An Amos: Sicherlich gehörst du zu jenen die auch Asyl ablehnen. Schließlich können da ja auch verbrecher mit dabei sein. Ein Glück das nach dem letzten Krieg durch Deutschland die anderen Länder nicht so über die Deutschen gedacht haben und Ihnen stattdessen geholfen haben. Wäre es besser gewesen wenn sie gesagt hätten: "Sicherlich gibt es auch ein paar die keine Nazis waren, aber schade um diese, denn Sicherheit geht vor Gottvertrauen".

     

    Ob es dann Deutschland gäbe? Ob es dann Hilfe für das Land gegeben hätte? Ob wir jetzt dort wären wo wir stehen? Ob es uns ÜBERHAUPT gäbe? Manchmal sollten gewisse Leute einfach mal menschlicher denken

  • W
    willy

    Menschen, die offensichtlich unschuldig in einem Folterlager unter der Willkür eines "wiedergeborenen Christen/Präsidenten" über Jahre ohne Anklage inhaftiert und schwerst mißhandelt wurden, die Einreise nach Deutschland zu verweigern, ist für mich einfach nur menschenverachtend.

    Dass ausgerechnet die Vertreter der Parteien mit dem "C" in ihrem Namen diesen Menschen die Aufnahme verweigern wollen und schon mal, wie der sächsische Innenminister, lauthals verkünden:

     

    "Terroristen haben in unserem Land keinen Platz".

     

    Wo ist denn da Eure sogenannte Nächstenliebe, liebe Christliche, ob Unsoziale oder Undemokratische, Union?

    Einfach nur noch widerlich!

  • X
    xsirup

    "Es will wieder niemand gewesen sein."

     

    Das rechtsstaatliche Phantom kommt wieder aus seinen Nischen hervor. Das Problem bei der Aufnahme von Guantanamo Häftlingen ist vielmehr, die spätere genaue Nachvollziehbarkeit von Verfehlungen. Der Ruf nach bürgerlicher Sicherheit, taugt zum Häuslebauen aber nicht einen Staat auf die neuen Herausforderungen einer sich globalisierenden Welt auszurichten. ( möchte ich mal fragen wie wir früher diese Welt nur ertragen konnten, wenn sie nicht global war )Das Hartz Konzept passt in diesem Fall sicher nicht. Dieses Thema mit antagonistischen Reflexen hochkochen führt nur zu einer neuen Sicherheitsdebatte. Wenn hier mit Rücksichtnahme auf internationale Interessen Menschenrechtsverletzungen befördert werden, führt das zu wiederholter politischer Isolation.

     

    Traurig dass Menschen nun im Katalog an Staaten "verkauft" werden. Unsere Kultur täuscht über einen wahren sozialen Gewinn, durch Zivilisation hinweg. Ist hier als Aufnahmekriterium Sicherheit von den Staaten gefordert? Guantanamo light, oder Ruhigstellung durch Psychopharmaka? Sicherheit als neue Religion? Wir sind genau dort, von wo wir den Terror erahnen. Handlungszwang ohne absehbare Entwicklung. Das ist aber kein Einzelphänomen, sondern gesellschaftlicher Alltag. Hier die Lösung den Schwächeren aufzugeben wird diese überfordern. Die Unterscheidung liegt in willig und bereit, wenn es um Verdrängung oder Lösung geht.

     

    Eine kindliche Vorstellung von Freiheit, passt genau in eine Nussschale, dann aber auch nur in der Badewanne und nicht in der Wirklichkeit. Die verdrängte Wirklichkeit kommt nach dem Bad wieder zurück und die Freiheit war eine Illusion.

  • A
    Amos

    "Die Linke"lässt man vom Verfassungsschutz überwachen;

    KPD- Anhänger bekommen keine Einstellung im öffentlichen Dienst. Aber man zieht in Erwägung Guantanamo-Häftlinge aufzunehmen!? Man will den Amerikanern einen Gefallen tun-, aber tut man auch damit den Deutschen einen Gefallen? Sollten einige brave Häftlinge dabei sein, so ist es Schade um diese

    Menschen. Aber Sicherheit geht über Gottvertrauen und

    über Wichtigtuerei einiger Volksvertreter.