Auflagen des Bundes für Rettungspaket: Bloß nicht zu streng
Wer eine halbe Billionen Euro springen lässt, darf eine Gegenleistung erwarten. Zumindest eine klitzekleine, meint die Bundesregierung. Doch Ackermann ist selbst das zu viel.
Keine Leistung ohne Gegenleistung, lautet das Mantra der Bundesregierung. Die große Koalition soll bloß nicht in den Verdacht geraten, den Banken doch irgendwie Geschenke zu machen. In den USA und Großbritannien springen die Regierungen längst ruppiger mit der Finanzindustrie um. Doch von Teilverstaatlichungen wollen Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück nichts wissen.
Mit der am Montag veröffentlichten Rechtsverordnung sind die Leitplanken des Rettungsfonds und die Auflagen für Banken, die Staatsknete wollen, klarer. Der vom Finanzministerium beaufsichtigte Rettungsfonds darf einer Bank für maximal 5 Milliarden Euro Schrottpapiere abkaufen und für maximal 10 Milliarden Euro Eigenkapitalspritzen verabreichen.
Umstritten war, ob Manager betroffener Banken, wie von Steinbrück gefordert, höchstens 500.000 Euro im Jahr verdienen sollen. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) wollte gar keine Gehaltsgrenzen für Banker, andere Unionspolitiker zogen flexible Grenzen vor. Die Kompromissformel der Rechtsverordnung lautet: Mehr als 500.000 Euro gilt "grundsätzlich als unangemessen".
Anders gesagt: Eine halbe Million ist die Regel, aber Ausnahmen sind möglich. Außerdem sollen Banken, die mit Steuergeldern gestützt werden, keine Dividenden an ihre Aktionäre und keine Boni und Abfindungen an Manager zahlen.
Das klingt nach strengen Auflagen, die ganz dem Prinzip "Keine Leistung ohne Gegenleistung" entsprechen. Allerdings schränkt die Rechtsverordnung des Bundesfinanzministeriums den Wirkungsbereich dieser Folterwerkzeuge gravierend ein. Denn diese strengen Regeln gelten nur für Finanzinstitute, die Schrottpapiere loswerden wollen oder den Eigenkapital fehlt. Dafür sind in dem Fonds 80 Milliarden Euro vorgesehen.
Der Großteil - 400 Milliarden - dient allerdings dazu, per Bürgschaft Kredite abzusichern. Die Auflagen für Banken, die eine Bürgschaft wollen, sind ziemlich weich. Diese Manager können verdienen, was sie wollen. Die Banken können weiter Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten und fürstliche Abfindungen gewähren. Die einzige Auflage für sie ist, dass der Fonds im Falle eines Falles "darauf hinwirken kann", dass die Bank zu riskante Geschäfte einstellt. Folterwerkzeuge sehen anders aus.
Und: Bei Bürgschaften für Kredite soll der Fonds von der Bank, laut Verordnung, eine "marktgerechte Vergütung" erhalten. Zuvor war eine Gebühr von 2 Prozent im Gespräch gewesen. "Marktgerecht" ist hingegen eine wolkige Formulierung. Als "marktgerecht" können auch, wie in Frankreich diskutiert, 0,5 Prozent gelten.
Mit diesen locker gestrickten Auflagen will man die Bürgschaften den Banken schmackhaft machen. Offenbar fürchtet die Bundesregierung, dass das Rettungspaket nicht - oder zu wenig und zu spät - genutzt wird. Gerade die Bürgschaften sollen die Kredite wieder in Fluss bringen und verhindern, dass die Rezession katalysiert wird, weil der Realwirtschaft Kredite fehlen.
Dies ist auch der Grund, warum Merkel, Steinbrück und das gesamte Kabinett gestern scharf auf den Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, reagierten. Der hatte vollmundig verkündet, sein Institut brauche die Unterstützung des Rettungsfonds nicht. Laut Spiegel hat er zudem gesagt: "Ich würde mich schämen, wenn wir in der Krise Staatsgeld annehmen würden."
Ein Sprecher der Deutschen Bank dementierte dieses Zitat. Vizeregierungssprecher Thomas Steg nannte Ackermanns Äußerung "inakzeptabel". Merkel nimmt Ackermann die Distanzierung von dem Rettungsplan auch übel, weil er selbst lange eine Systemlösung für die Bankenkrise gefordert hatte.
Hinter der Kontroverse über Ackermann verbirgt sich mehr. Die Bundesregierung ist besorgt, dass ihr Rettungsfonds in Schönheit sterben könnte, weil sich die Banken scheuen, ihn zu nutzen. Wenn nur Banken nachfragen, die kurz vor dem Bankrott stehen, die Kreditvergabe aber restriktiv bleibt, hat der Fonds sein Ziel verfehlt.
Wohl deshalb hat das Finanzministerium die Verordnung über Bürgschaften so luftig gehalten. Diese soll es gegen geringe Gebühren und ohne harten Eingriff ins Bankenwesen geben. Bei Bürgschaften scheint nun zu gelten: Keine große Leistung ohne kleine Gegenleistung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Rückzug von Marco Wanderwitz
Die Bedrohten
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül