Aufklärung von Todesstrafen: Keine texanischen Verhältnisse mehr
Im texanischen Dallas will ein Staatsanwalt alle Todesurteile der letzten 30 Jahre überprüfen lassen - von der Organisation "Innocence Project".
WASHINGTON taz Mit 13 nachträglich für unschuldig befundenen Todeskandidaten ist der Bezirk Dallas im US-Bundesstaat Texas der revisionsfreudigste Bezirk der USA geworden. Seitdem in Texas im Jahr 2001 DNA-Tests zur Revision bereits verurteilter Straftäter zugelassen wurden, konnten 34 Fälle wieder aufgerollt werden, berichteten US-Medien in den vergangenen Monaten.
Der Bezirk Dallas hatte zudem im Frühjahr angekündigt, landesweit der erste Justizbezirk werden zu wollen, der alle seit den Siebzigerjahren ergangenen Todesurteile von der Organisation Innocence Project überprüfen lassen will. Das Innocence-Projekt ist eine in New York ansässige Organisation von Rechtsexperten und Jurastudenten, die es sich zur ehrenamtlichen Aufgabe machen, Todesurteile auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Das Projekt konnte schon viele Todeskandidaten vor der Hinrichtung retten.
Knapp 400 Revisionsanträge von zum Tode Verurteilten sind seit 2001 bei den Gerichten in Dallas eingereicht worden. Der Wandel im Bezirk Dallas kam mit der Wahl eines neuen demokratischen Staatsanwalts, des Afroamerikaners Craig Watkins. Der 39-Jährige war zu Beginn des Jahres eingeschworen worden und ist damit der erste schwarze Bezirksstaatsanwalt in der Geschichte des Bundesstaates. Bei den Kommunalwahlen war er mit 42 demokratischen Richtern gewählt worden und hatte dabei ein für Texas ungewöhnlich klares Ergebnis erzielt. Eine von Watkins ersten Amtshandlungen war es, zwei Dutzend republikanische Justizmitarbeiter zu feuern und und seine Verwaltung verstärkt mit Vertretern verschiedener ethnischer Gruppen zu besetzen.
"Ich sperre sie ein, wenn sie schuldig sind", sagt Watkins. Dieser Grundsatz gilt im Süden der USA keineswegs als selbstverständlich. Texas führt im Vergleich der US-Bundesstaaten mit 385 Hinrichtungen seit der landesweiten Wiederaufnahme der Todesstrafe im Jahr 1976 mit Abstand die meisten Exekutionen durch. Eine große Mehrheit der Todeskandidaten sind Angehörige von Minoritäten wie Schwarze und Latinos.
Unterdessen stieg in diesem Jahr im Bundesstaat Arizona die Zahl der Fälle dramatisch an, in denen die Justizbehörden die Todesstrafe fordern. Der Anstieg ist so dramatisch, dass das Oberste Gericht von Arizona eine Sonderarbeitsgruppe bilden musste. Hintergrund ist auch hier die Berufung eines neuen Staatsanwaltes, des Republikaners Andrew P. Thomas.
Er verlangt von den Justizbehörden schärfere Strafen. Obgleich die Kriminalitätsrate Arizonas nicht gestiegen ist, habe sich in Arizona die Zahl der Anträge auf Todesstrafe mehr als verdoppelt, hieß es.
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