■ Aufbautraining für Raser: Irre schnell
Was lange rast, wird endlich gut. Die Nachricht, daß der ADAC Berlin-Brandenburg die illegalen Wochenendrennen irrer PS- Rambos in „geordnete Bahnen“ lenken will, macht Mut. Den Autonarren soll das ehemalige Stasi-Motodrom in Kallinchen am Motzener See zur Verfügung gestellt werden. Wo einst Trabis das Ausbremsen des Klassenfeindes probten, sollen nun wiedervereinigte Flitzer den Hubraumkrieg im Autokampf austragen. Blech in Blech – Mann gegen Mann. Große Klasse, ADAC!
Statt Verfolgungsjagden gegen Polizeijeeps durch märkische Dörfer nun gezieltes Aufbautraining für Amokfahrten. Anstelle nächtlicher Mad-Max-Eskapaden jetzt Freibenzin für Desperados. Statt Abgaswolken und Molotow-Cocktails vor 1.500 heimlichen Gaffern nun die blonde Motor-Braut auf der Tribüne mit Seeblick: ganz offiziell, in Ralleystreifen und gesponsert von Opel-Fanta.
In Grunde genommen haben wir immer schon gehofft, daß die private Autolobby die Verkehrserziehung und Freizeitgestaltung in die Hand nimmt. Der Staat hat abgewirtschaftet. Schlappe Bullen und dröge Pädagogen sind out, der „Siebte Sinn“ kann zumachen. Freies Rasen lernen in einem freien Land gehört zur Grundausbildung für den Verkehrsnahkampf. Das steigert die Produktion der Autoindustrie – und sichert Arbeitsplätze. Andere Lobbyisten sind aufgefordert, Gleiches zu unternehmen. Schießsportvereine etwa könnten Zuhälterbanden und Killer ausbilden, Schlüsselhersteller Diebe unterweisen. Alles liefe in geordneten Bahnen, sozialverträglich und todsicher. Und sollte es im Stasi-Motodrom einmal knallen, organisiert der ADAC zur Beisetzung eine „Urnenfahrt“ auf der Avus. Ganz schnell. Rolf Lautenschläger
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