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Archiv-Artikel

BOSNIENS SERBEN GESTEHEN ERSTMALS SREBRENICA-MASSAKER EIN Aufarbeitung unter Druck

Die Srebrenica-Kommission der bosnischen „Republika Srpska“ hat erstmals offiziell eingestanden, dass die Armee der bosnischen Serben 1995 systematisch – also implizit: mit Absicht – ein Massaker verübt hat. Damit ist die bisher im serbischen Teil Bosniens gültige These, die Toten von Srebrenica seien bei Kämpfen gefallen, vom Tisch. Das ist gut so. Doch die Art, in der das Eingeständnis zustande kam, lässt viele Fragen offen.

So hatten sich die Republika-Srpska-Behörden erst unter dem Druck des Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft, Paddy Ashdown, und des UN-Kriegsverbrechertribunals bequemt, überhaupt eine Kommission zu bilden. Und auch danach musste den bosnischen Serben lange Zeit jede Information aus der Nase gezogen werden. Dabei gibt es jede Menge Unterlagen, die das Massaker von Srebrenica belegen. Um mehr als 8.000 Menschen umzubringen, sie zu verscharren, die Massengräber dann nochmals zu öffnen, die Toten umzubetten etc., ist einige Logistik nötig. Folglich gibt es auch viele Zeugen, etwa Angestellte der Verwaltung, die im Vorfeld Fesseln und Augenbinden für die Erschießungen, Orte, Transportfahrzeuge usw. organisieren mussten. Hinzu kommen Lastkraftwagenfahrer, Totengräber, Baggerführer, Polizisten usw. Doch nur ganz wenige dieser Zeugen haben in den letzten acht Jahren die Ermittler unterstützt. Und die meisten gaben ihre Informationen nur für Geld preis.

Immerhin: Jetzt wird kooperiert. Schließlich stehen internationale Hilfszahlungen auf dem Spiel – wenn nicht gar die Existenz der Republika Srpska selbst. Deshalb haben die Behörden des serbischen Teilstaates in Bosnien nun wenigstens einen Teil dessen zugegeben, was ohnehin bekannt ist. Wie bei der Frage der Kriegsverbrecher jedoch werden auch hier vor allem Bauernopfer gebracht, um die großen Fische zu decken. Eine ernsthafte Aufarbeitung der Geschichte wird es erst dann geben, wenn alle Massaker seit 1992 eingestanden und die Verantwortlichen – allen voran Ex-Serbenchef Karadžić – an das UN-Kriegsverbrechertribunal ausgeliefert werden. ERICH RATHFELDER