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■ Mit dem Eurotunnel auf du und duAuf zur Insel!

London/Paris (dpa/taz) – Der Eisenbahntunnel unter dem Ärmelkanal ist noch nicht eröffnet, aber schon ist der Preiskampf zwischen Tunnel- und Fährenbetreibern ausgebrochen. Zu Jahresbeginn haben Fährschiffe ihre Tarife für die Passage zwischen Kontinentaleuropa und England „angepaßt“. Eurotunnel gab gestern endlich die Preise für die Unterquerung des Kanals bekannt: Pro Auto müssen unabhängig von der Zahl der Insassen knapp 550 DM in der Neben- und 800 DM in der Hauptsaison geblecht werden. Am 6. Mai wollen Queen Elizabeth und Präsident Mitterrand das rote Band für „Le Shuttle“ durchschneiden.

Zehn Milliarden Pfund (gut 25 Mrd. DM) kostet die erste Landverbindung nach Großbritannien – doppelt soviel wie 1987 geplant. Dafür hat die Eurotunnel AG 600 Millionen Pfund (1,5 Mrd. DM) Zinsen pro Jahr aufzubringen – zusätzlich zu Betriebskosten von 200 Millionen Pfund. Allein die Zinsen entsprechen den Einkünften aller Fährschiffe im Kurzstreckenverkehr über den Kanal. Das Geld sollen die Reisenden aufbringen, denn der Tunnel wurde ohne Staatsknete finanziert.

Eurotunnel muß deshalb bis Ende 1995 mindestens die Hälfte der Fähreinnahmen an sich ziehen und auch noch dem Flugverkehr Kunden abjagen. Wenn das klappt und wenn zudem das Verkehrsaufkommen noch wächst, sollte zur Jahrtausendwende, so hoffen die Anleger, das Ende der Anlaufverluste erreicht sein. In Londoner Finanzkreisen ist man sich dessen aber nicht sicher, denn viele halten einen brutalen Preiskampf für unvermeidbar.

Die Reedereien haben sich etwa mit Investitionen in Superfähren auf den neuen Wettbewerber eingestellt. Sie fahren jetzt häufiger und haben den gewinnbringenden Duty-free- Verkauf auf den Schiffen ausgebaut. 27 Millionen Fährpassagiere transportieren sie derzeit alljährlich über den Kanal.

Auch für die Fluglinien steht viel auf dem Spiel. 3,6 Millionen Fluggäste nutzen allein die Strecke London–Paris. Air France führte im November nun schon einen Sondertarif nach London ein. Die defizitäre Staatslinie kann sich keinen Einbruch leisten. Einziger Trost: Die Fährschiffunternehmen haben Umfragen durchführen lassen, wonach die meisten Reisenden nur ungern durch die Röhre unter dem Meer fahren würden. lieb

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