: Auf dem Weg zu(r) Queen
Sesil Karatantscheva (15) und Ana Ivanova (17) könnten die Stars von morgen werden. Bei den French Open haben sie es schon mal ins Viertelfinale gebracht, auch wenn dort gestern das Aus kam
AUS PARIS DORIS HENKEL
Kaum zu glauben, dass Sesil Karatantscheva erst 15 sein soll. Nicht, weil sie mehr als eine Woche lang in Paris meist mit ziemlich erwachsenem Selbstbewusstsein gespielt hat; das tun Teenager im Tennis, die besseren zumal, nicht erst seit gestern. Es ist mehr die Art, wie sie manche Dinge sieht und beschreibt. War sie etwa beleidigt, als Venus Williams vor ein paar Tagen nach ihrer Niederlage sagte, sie habe nur deshalb gegen dieses Mädchen verloren, weil sie selbst zu schlecht gewesen sei? Kein bisschen. „Oh“, sagte Karatantscheva, „das ist nicht unfair von ihr. Ich hab doch von Anfang an gemerkt, dass das nicht die Venus Williams ist, die ich aus dem Fernsehen kenne“.
Aber die Dinge ändern sich manchmal schnell. Während der French Open ist Sesil auch im Fernsehen gelandet; wie sie berichtete, überträgt Eurosport seit kurzem auch Tennis nach Bulgarien, und da sei sie live zu sehen gewesen. Zur Freude von Freunden und Verwandten, die schon seit längerem vermuten, dass man von Sesil bald mehr hören werde. Vor einem Jahr hatte sie in Paris den Titel bei den Juniorinnen gewonnen, doch danach hatte sie sich bald von den Kleinen verabschiedet. Bei den US Open schaffte sie ein paar Monate später schon die Qualifikation fürs Hauptfeld, das Gleiche gelang ihr Anfang dieses Jahres in Australien. In Paris war sie als Nummer 98 der Welt bereits direkt dabei, als Zweitjüngste der 128 Spielerinnen. Auf die Idee, dass sie aus Bulgarien stammt, käme man auch nicht unbedingt. Ihr Englisch ist eher ein Amerikanisch mit breitestem Florida-Akzent. Der Akzent wie auch die stramme Art der Schläge stammen aus der Tennisschule von Nick Bollettieri in Bradenton, wo sie seit zwei Jahren regelmäßig trainiert; der bemerkenswert große Wortschatz ist eher die Folge eines frühen Interesses an den Liedern und Texten der Spice Girls. Aber auch was das anbelangt, hat sie sich gut entwickelt. „Spice Girls – das war früher“, sagt sie, „jetzt liebe ich Queen.“
Beim ersten Besuch in Florida hatte sie als Kind noch staunend vor den Palmen gestanden, bei den regelmäßigen Visiten seither ist ihr aufgefallen, dass die Unterschiede heute nicht mehr so groß sind. „Bulgarien, Tokio oder Amerika – das ist alles dasselbe. Du setzt dich einfach ins Flugzeug, und schon bist du da.“ Das war in den Anfangszeiten der bisher erfolgreichsten bulgarischen Tennisspielerinnen, Manuela, Katerina und Magdalena Maleeva, noch ganz anders. 1990 in Paris waren alle drei Schwestern zum ersten Mal im Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers dabei, drei Jahre später erreichten sie an gleicher Stelle zu dritt das Achtelfinale.
Sesil Karatantscheva ist unterwegs, eigene Marken zu setzen. Als Viertelfinalistin beim dritten Grand-Slam-Turnier ihres Lebens hat sie in Paris sich und ihren Namen ins Gespräch gebracht, auch wenn es diesmal noch nicht zu mehr reichte. Im Spiel gegen die fast doppelt so alte Russin Jelena Lichowzewa wirkte sie gestern zu Beginn wieder ziemlich erwachsen und souverän, doch je länger die Partie mit endlosen Ballwechseln dauerte, desto mehr schwanden ihre Kräfte. Am Ende, schon eine Weile vor dem letzten Punkt zum 6:2, 4:6, 4:6, sah sie so erschöpft und müde aus wie ein ganz normales 15 Jahre altes Mädchen nach mehr als zwei Stunden nervenaufreibender Rennerei.
Auch für die 17 Jahre junge Ana Ivanova ist das schöne Spiel bei den French Open 2005 nun vorbei. Die Serbin war am Wochenende mit einem Sieg gegen Amélie Mauresmo aus Frankreich aufgefallen, doch auch sie verlor im Viertelfinale gegen eine Russin, Nadja Petrowa (2:6, 2:6). An der Einschätzung, dass auch Ana Ivanova eine Bereicherung fürs Tennis ist, und das garantiert nicht nur wegen ihres Aussehens, ändert das nichts.