Auf dem Weg zum richtigen Ziel : KOMMENTAR VON DANIEL BAX
Keine Frage, der Islamgipfel ist ein historisches Ereignis. Daran können auch die Querelen um die Absetzung einer Mozart-Oper nichts ändern und auch nicht die Kritik im Vorfeld der gestrigen Veranstaltung. Dabei war die Frage berechtigt, warum zu dem Treffen auch notorische Islamkritiker geladen wurden. Aber das gehört eben zur Streitkultur in diesem Land. Auch konnte man die Tatsache, dass Wolfgang Schäuble ausgerechnet im Fastenmonat Ramadan zu einem Imbiss ins Berliner Schloss Charlottenburg geladen hatte, als typische Tollpatschigkeit im Umgang mit Muslimen belächeln.
Aber der Gipfel war mehr als nur ein Fototermin. Er markierte den Auftakt zu einem langfristigen Prozess, bei dem es in den nächsten zwei bis drei Jahren darum gehen soll, den Islam in das deutsche Staatswesen zu integrieren. Dazu gehört, dass islamischer Religionsunterricht als staatliches Schulfach angeboten wird. Dazu gehört die Ausbildung von Imamen in Deutschland. Und dazu gehört auch, dass muslimische Vertreter in die Rundfunkräte entsandt werden. Schließlich zahlen auch Muslime Fernsehgebühren.
Bislang fehlte dem Staat ein zentraler Ansprechpartner, der in der Lage wäre, die 3,2 Millionen Muslime in Deutschland zu vertreten. Nicht nur, weil die Mehrheit von ihnen gar nicht in Moscheegemeinden organisiert ist. Sondern auch, weil die Differenzen zwischen den islamischen Glaubensrichtungen so groß sind wie zwischen orthodoxen, katholischen und protestantischen Christen. Nun aber sieht es so aus, als seien selbst diese Gegensätze überwindbar. Denn die vier größten muslimischen Dachverbände wollen endlich an einem gemeinsamen Strang ziehen. Auch das ist ein historischer Schritt.
Eine Alternative gibt es ohnehin nicht. Das Beispiel Frankreich zeigt, dass man einen solchen Rat nicht von oben verordnen kann. Dort war Schäubles Amtskollege Sarkozy mit dem Versuch gescheitert, einen solchen Rat nach seinem eigenen Geschmack zu besetzen – kaum jemand fühlte sich davon repräsentiert. Dieser Fehler darf in Deutschland nicht wiederholt werden. Schäuble scheint dies zum Glück bewusst zu sein.