: Auf dem Sprung
Bei der am Freitag beginnenden Basketball-EM will das deutsche Team mindestens auf Platz sechs kommen. Doch die Ausgangslage ist schlecht
VON ANDREAS RÜTTENAUER
Dirk Nowitzki erinnert sich nicht gerne an die Europameisterschaft des Jahres 2003. Damals ging es in Schweden um die Qualifikation für die Olympischen Spiele. Die deutsche Basketballnationalmannschaft reiste als WM-Dritter zu den kontinentalen Titelkämpfen – und scheiterte. Der Sprung in die Weltelite erwies sich als kleiner Hüpfer. „Wir haben etwas gutzumachen“, meinte also der beste deutsche Basketballer vor dem Abflug der Nationalmannschaft nach Serbien-Montenegro, wo am heutigen Freitag die Europameisterschaft des Jahres 2005 beginnt.
Im Auftaktspiel treffen die Deutschen am Abend in Vršac auf Italien (18 Uhr, DSF). Bundestrainer Dirk Bauermann ist voller Zuversicht, auch wenn die Vorbereitung alles andere als optimal gelaufen ist. Bei einem Turnier in Athen setzte es gegen den EM-Auftaktgegner eine klare 79:97-Niederlage. Dennoch hat Bauermann „absolutes Vertrauen“ in seine Spieler. „Wenn wir Respekt vor den Italienern hätten und nur den Kopf runter nehmen würden, dann bräuchten wir doch gar nicht anzutreten“, meint er. Die Mannschaft, mit der er in Serbien-Montenegro antritt, ist sicherlich alles andere als das Wunschteam des Bundestrainers. Mit Ademola Okulaja musste unter der Woche ein weiterer Leistungsträger wegen einer nicht ausgeheilten Knieverletzung absagen. Dass Steffen Hamann und Nino Garris nicht werden mitspielen können, stand schon ein wenig länger fest.
Vielleicht liegt es an den verletzungsbedingten Absagen, dass vor der EM besonders viel vom deutschen Nachwuchs die Rede war. Auslöser für die Zukunftsängste der nationalen Korbjägerszene war die Entscheidung der Basketball-Bundesliga, alle Ausländerbeschränkungen aufzuheben. Im Gegenzug wurde eine äußerst zaghafte Wendung zum Positiven beschlossen. So muss in der anstehenden Saison nun ein Spieler deutscher Nationalität auf dem Spielberichtsbogen jeder Partie stehen. „Das ist sicher Teil eines sinnvollen Globalisierungsprozesses“, meint Bundestrainer Bauermann, „und kann dazu beitragen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Clubs zu erhöhen.“ Hier ist auch der Vereinstrainer herauszuhören. Bauermann ist Coach des deutschen Meisters GHP Bamberg. Als solcher muss er den Interessen seines Clubs dienen: „Ich muss mir da zwei Hüte aufsetzen. Ich kann ja nicht plötzlich zehn deutsche Spieler aufs Parkett schicken.“ Als Vereinstrainer wird auch er nicht allzu viel an der Verbesserung der Situation deutscher Spieler ändern.
Und die hat sich in der Tat verschlechtert. Als vor vier Wochen die Nationalmannschaft zusammenkam, um sich auf die EM vorzubereiten, standen etliche Spieler noch ohne Vertrag da. Bauermanns Vorgänger Henrik Dettmann hat nur Basketballer eingeladen, die eine feste Anstellung vorweisen konnten. Wäre sein Nachfolger genauso verfahren, er hätte mit einer A2-Nationalmannschaft in die Vorbereitung gehen müssen. Die Profis sind jedenfalls alles andere als glücklich über die neue Lage. Nachdem es sogar schon Streikdrohungen gegeben hat, haben sie sich jetzt auf eine friedliche Aktion geeinigt. „Made in Germany“ ist ein von den Spielern initiiertes und vom Basketballverband unterstütztes Nachwuchsprogramm. Darin verpflichten sich die Nationalspieler, einen Jugendspieler ihres Clubs als Paten zu unterstützen und regelmäßig Trainingscamps durchzuführen.
Vielleicht gelingt es dadurch ja, mehr deutschen Spielern zu Spielpraxis auf höchster Ebene zu verhelfen. Darum geht es auch Dirk Bauermann in seiner Position als DBB-Coach. Er meint, es gebe genügend Talente in Deutschland, nennt Spielernamen wie Guido Grünheid oder Johannes Strasser und beklagt sich darüber, dass die jungen Männer nur minutenweise in der Bundesliga eingesetzt würden. Mit diesen Spielern wird es schwer sein, an die Erfolge jener Spielergeneration anzuknüpfen, die jetzt noch das Gerüst der Nationalmannschaft bildet. Marko Pesic, Patrick Femerling, Dirk Nowitzki und Co. haben noch ein Ziel: die Olympischen Spiele 2008. Danach, das meint auch Bauermann, wird ein großer Umbruch stattfinden.
Doch noch spielen sie, die Altmeister. Bei der EM wollen sie mindestens Platz sechs erreichen. Damit wären sie für die WM im nächsten Jahr qualifiziert und könnten noch einmal ansetzen zum Sprung in die Weltelite.