piwik no script img

Jasmin Ramadan Einfach gesagtAuf dem Gipfel der langen Leitungen

Glaub’, die haben das da alles nicht so im Griff mit dem Friedensprozess!“, sagt der ältere Herr im Backstuben-Café des Shoppingcenters und entfernt das Zitronenscheibchen aus seiner Cola.

„Ja, nun, da hat man sich ja wohl nun ausgiebig gegenseitig geäußert in Alaska und Washington, aber unterm Strich sind nu’wieder welche tot im Ergebnis“, sagt ein anderer und überzuckert seinen Espresso.

„Krieg und Frieden, würd’sagen, da passt was in Gänze nicht zusammen“, sagt ein weiterer und beißt in sein Mettbrötchen.

„Alles heiße Luft mit Bombensplittern!“, ruft einer und zerreißt sein Croissant.

„Was soll auch dabei rumkommen, wenn Egomanen sich zum Schein einen abverhandeln?!“, ruft die Frau hinterm Tresen.

„Alles bloß diplomatisches Dirty Dancing!“

„Ja, aber wenn das nie und nimmer und auf nix hinauslaufen soll, warum eiern die dann überhaupt öffentlich rum?“

„PR?“

„Eben! Kostet alles Geld und am Ende außer Spesen nix gewesen.“

„Fakten werden immer noch an der Front dingfest gemacht.“

„Und da liegen Kinder unter Trümmern.“

„Warum braucht man immer Kinder, um Leuten einzuhämmern, was eine Riesenscheiße ist?!“

„Weil die auf supersicher unschuldig sind, Kollege.“

„Trump aber nicht, da kann der sich auf den Kopf stellen, und hier den Weltenengel simulieren, Erretter für alles und jeden, wo es gerade passt, in der Hauptsache geht’s um Pomade für sein Image.“

„Maximal noch ’ne Woche, war die Ansage, oder?“

„Bis zum Weltfrieden?“

„Trump kennt ja nicht mal die Welt.“

„In Geografie ist der fast so ’ne Niete wie in Feminismus.“

„Der Mann meint wohl, man kann den Konflikt da einfach einfrieren wie einen Truthahn. Für Thanksgiving.“

„Glaub’, die Vögel werden da immer frisch geschlachtet.“

„Trump sind Zivilisten so egal wie Truthähne.“

Foto: Roberta Sant‘anna

Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr neuer Roman „Auf Wieder­sehen“ ist bei Weissbooks erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert.In der taz verdichtet sie tatsächlich Erlebtes literarisch.

„Das Abschlachten geht weiter, das Blabla auch.“

„Macht kaputter, was ihr schon kaputt gemacht habt.“

„Glaub’, da geht das auch um Selbstwirksamkeit, gerade auch bei so Weltmachtmännern, hat mein Sohn mir neulich erklärt.“

„Warum gipfelt heutzutage immer alles in Psychologie aus dem Internet?“

„Das bringt garantiert auch keinen Krieg zum Frieden, wenn man versteht, dass jemand scheiße ist, weil er Scheiße im Kopf hat.“

„Und was ist hier mit Herz?“

„Herz, Kopf, alles eine Soße, am Ende sind echte Friedensmacher gefragt.“

„Woller!“

„Trump will keinen Frieden, der will bloß den Friedensnobelpreis.“

„Und deshalb ist da nix authentisch sach ich mal so!“

„Diese ganze diplomatische Dümpelei mit Putin an der langen Leitung.“

„Der müsste erst mal ein ganz neuer Mensch werden.“

„Wer jetzt?“

„Alle miteinander.“

„Trump hat seine Ex auf seinem Golfplatz beerdigt wegen der Steuer.“

Warum gipfelt heutzutage immer alles in Psychologie aus dem Internet?

„Kein Friedensnobelpreisträger vom Ding her.“

„Putin träumt nicht vom Friedensnobelpreis.“

„Und da liegt der Hund wohl begraben.“

„Der Hund, den er mit zum Treffen mit Merkel brachte?“

„Weil er wusste, dass sie Angst vor Hunden hat.“

„Er lächelte sich psychomäßig einen ab, während sie verstört versuchte, Haltung zu bewahren.“

„So viel zur Weltlage.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen