piwik no script img

Auf Umwegen zur Schlachtbank

■ betr.: „Rind oder Wahnsinn?“, taz vom 29. 3. 96

Ihr schreibt, es sei zu bezweifeln, daß sich die wissenschaftliche Datenlage mit einem Mal so geändert hätte, neu sei lediglich der Mut, mit dem das ausgesprochen würde. Das stimmt so nicht ganz. Neu ist vielmehr ein kleiner, aber für die Handlungsbereitschaft der verantwortlichen Stellen ganz entscheidender Punkt: Entgegen allen Erwartungen sind neue Symptome aufgetaucht, die sich von denen der bisherigen Creutzfeld-Jakob-Erkrankung unterscheiden. Wenn sich das bestätigt, wird in jedem einzelnen Fall nachweisbar sein, ob die Krankheit vom Rind stammt oder nicht.

Diese Erkenntnis ist ein glücklicher Umstand, den sich viele Verbraucherverbände für andere Zusammenhänge auch wünschen würden. Zum Beispiel ist die Zahl der Krebserkrankungen seit den fünfziger Jahren auf etwa das Doppelte gestiegen. Das sind Zigtausende von Toten jedes Jahr, aber die Produktion von Pestiziden und anderer Chlorchemikalien läuft weiter und kein Atomkraftwerk wurde den Menschen zuliebe abgeschaltet. Auch wenn der Beweis auf der statistischen Ebene völlig eindeutig ist, die fehlende Beweisbarkeit für den Einzelfall verhindert gerichtliche Verurteilungen und Schadensersatzansprüche.

Beim BSE wurde die Gefahr jahrelang heruntergespielt, obwohl jeder Wissenschaftler auf dem Gebiet wissen mußte, daß mit einer Übertragung auf den Menschen zu rechnen ist. [...] Es wurde abgewiegelt in der Annahme, das Gegenteil würde nicht beweisbar sein. Es geht ihnen nicht um die Gesundheit der Menschen, sondern um Beweise, die auch vor Gerichten Bestand haben. Deshalb jetzt die Panik. Linde Peters, München

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen