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■ Auf AugenhöheGebt uns euer Geld und laßt uns in Ruhe

Im Bankwesen spielte das Prinzip der Abschreckung bislang keine große Rolle. Das ändert sich, seit einige Geldinstitute, darunter die Berliner Sparkasse, ein US- amerikanisches System des Kundenservice importieren.

Wer Erfolg haben will, muß seine wahren Interessen kaschieren. Deshalb ziert die Türen der Filiale an der Ecke Friedrichstraße/ Leipziger Straße in Berlin-Mitte jetzt in großen Lettern der Schriftzug „Meine Bank“. Man kommt nach Hause – ein Gefühl, das auch der mißmutig dreinblickende Sicherheitsdiener vor dem Portal nicht völlig zerstören kann. Auch der weitläufige Vorraum wirkt einladend. Hier herrscht die bekannte Banköffentlichkeit: Zahlreiche Automaten lachen die BesucherInnen an. Jeder darf seinen Dispo überziehen – frei und ungehindert.

Im Vorraum allerdings endet für die meisten KundInnen der Besuch ihrer Bank. Den Durchgang zur Haupthalle verengen Blumenkübel zu einem Flaschenhals. Es ist ein leichtes für die mittelalte Dame in langem Rock, Eindringlingen in den Weg zu treten. „Sie wünschen?“ fragt die Concièrge, was man auch so verstehen kann: „Scheren Sie sich zum Teufel, wenn Sie nicht 30.000 Mark anlegen wollen.“ Niedere KundInnen, die 200 Mark abheben oder nur ihren Kontostand überprüfen wollen, scheucht die Wächterin gnadenlos an die Automaten zurück.

Wer trotzdem darauf besteht, einen Überweisungsträger per Hand auszufüllen, wird an ein Stehpult gleich hinter dem Engpaß gebeten. Sekunden später eilt ein smarter Bankmitarbeiter herzu, um diese Dienstleistung schnellstmöglich zu erledigen. Systematisch wird man der Schriftform entwöhnt, um künftig bloß nicht mehr auf die Idee zu kommen, den Bankautomaten zu verschmähen.

Um dennoch Eintritt ins Allerheiligste zu erhalten, sollte man einen triftigen Grund ersinnen. Etwa: „Ich möchte mein Geld nach Mauritius transferieren.“ Oder: „Mein Mietshaus wirft weniger ab, als ich erhofft hatte. Ich brauche einen Überbrückungskredit von 238.000 Mark.“ In diesen Fällen schlägt die Concièrge vor, es sich doch ein paar Meter weiter vor einem Monitor bequem zu machen. „Dort wird dann das Bild derjenigen Mitarbeiterin erscheinen, die sie bedient.“ Vor der Flimmerkiste steht im Abstand von einem Meter ein Höckerchen, das in einer Grundschule besser aufgehoben wäre. Auf dem Animationsvideo purzeln bunte Karos durcheinander, stapeln sich zu Türmchen und zerplatzen zu Trümmern. Doch halt, ein Mißverständnis! Die Wartezone für finanziell potente KundInnen befindet sich noch weiter hinten. Dort ist der Fernseher größer, ebenso wie sein Abstand zu den bequemeren Sesseln.

Wer Geld hat, hat Zeit, meine Bank beeilt sich nicht. Die BeraterInnen sitzen in Metallgitterkäfigen von der Größe eines Arbeitsplatzes plus eines Besuchersessels. Halogenstrahler beleuchten das eine Blatt auf dem Schreibtisch. Die folgende Beratung ist sehr persönlich, man spricht leise und lächelt viel. Die KundInnen werden nicht von ihresgleichen gestört, denn Schlangen gibt es nicht.

Raus geht es leichter als rein. Die Laune des Sicherheitsdieners ist gesunken. Drohend liegt seine Hand auf dem Türgriff, auf dem „Meine Bank“ steht. Er scheint etwas falsch verstanden zu haben. Hannes Koch

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