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Auf AugenhöheBewußter rauchen

■ Von Gereon Asmuth

Kaum dem Kino entsprungen, durch die samstagabendlichen Massen an den Hackeschen Höfen treibend, dort wo Berlins Mitte am schönsten ist, zumindest für Touristen und solche, die sich dafür halten, eine Zigarette frisch gezündet, strahlt mich ein Lächeln an. „Oh, ein Raucher!“ ruft eine in leuchtend orange gewandte Dame.

Man kennt das ja. Wie auch jetzt taucht ein Pärchen – meist in Kneipen – auf und unterhält die Gäste mit lustigen Spielchen, für die man im Falle des Erfolgs ein Päckchen Tabak oder Zigaretten bekommt, wenn man denn verspricht, von nun an nur noch die neueste Entwicklung auf dem Rauchmarkt zu qualmen. Doch nichts dergleichen. „Wir haben da was für Sie“, sagt die Orange. „Damit Sie Ihre Kippe nicht auf die Straße werfen müssen.“

Bei dem Geschenk handelt es sich um ein fünfmarkstückgroßes Döschen. Wenn man es öffnet, klappt sich automatisch eine Zigarettenablage heraus. Auf dem natürlich ebenfalls orangenen Dekkel steht: „Wir geben Ihrer Kippe ein Zuhause. BSR“ – nun steh' ich da. Die längst preisgekrönte Plakatkampagne der Berliner Stadtreinigung hat mich voll erwischt.

Soll ich tatsächlich Altgewohntes über den Haufen und die fast aufgerauchte Kippe nicht mehr auf die Straße werfen? Was wäre, wenn das jeder täte? Würden die freundlich beworbenen Straßenfeger nicht arbeitslos? Wenn ich jetzt nur ein bißchen Gras hätte, bekäme es ein komfortables „Zuhause“.

Auf der anderen Seite der Rosenthaler Straße, werkelt der fast ebenso wie die orangen BSR-Kehrer bekannte Sechsen-Maler auf einer kleinen Brache und bastelt aus alten Sesseln, Regalresten und Erdhaufen an einem „musée open“. Ein wahrhaft kreativer Umgang mit Müll. Ich schließe mich an, lasse das schicke Döschen sauber und entsorge meine Kippe im nächstbesten Abfalleimer.

Später in der Kneipe ist meine Freundin ganz begeistert. Schließlich habe sie „so etwas Praktisches“ schon seit Jahren gesucht. „Nur“, so gibt die ökologisch Geschulte zu bedenken, „recyclingmäßig ist das schlecht,“ Wenn man nicht die Kippe, aber die Dose mal wegkippen wolle, könne die Aluminiumaußen- von der Blechinnenseite kaum sortenrein getrennt werden. „Das hat die BSR bestimmt im Griff“, beruhigt die Freundin meiner Freundin und grübelt bei einem Glas Martini lieber darüber, ob Werbung bewußtseinserweitern sei. Dazu bräuchte sie nicht mal die Drogen, die ich gern ins Döschen gepackt hätte. Schließlich habe die Kampange ihre Einstellung zur BSR tiefgreifend verändert. „Wir bringen das in Ordnung“ – der auf allen Plakaten wiederholte Werbeclaim habe sie „im Tiefsten ihrer Seele“ getroffen. „Jemand, der mein Leben in Ordnung bringt“, sinniert sie bei einem tiefen Zug aus dem Glas.

Auf dem Heimweg glimmt die letzte Fluppe fröhlich gen Filter. „Noch sieben Zentimeter bis zur Müllkippe“, mahnt über einer überdimensionalen Zigarette das neueste Plakat der BSR. Nur ein Papierkorb ist nicht in Sicht. Und die praktische, aber frisch verschenkte Dose ruht staubfrei im Rucksack der Begleiterin. So landet die obdachlose Kippe wieder dort, wo sie immer endet: in der Gosse. „Wir bringen das in Ordnung“, verspricht die BSR.

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