: Auch die anderen sollen Subventionen streichen
■ Erster Tag der Leipziger Herbsmesse / De Maiziere kritisiert Bulgarien und der Textima-Chef die Regierung / Bundeswirtschaftsminister Haussmannn zeigt sich optimistisch: „Die Tränke ist voll, die Pferde müssen jetzt trinken“
Leipzig (taz) - Als flexibel erwiesen sich die Organisatoren der Leipziger Messe immer noch nicht so recht. Als Ministerpräsident Lothar de Maiziere nach seinem Eröffnungsrundgang über die herbstliche Investitions- und Konsumgüterschau noch ein paar Worte zur Presse sprechen wollte, regnete es in Strömen. Doch seine Rede war unter freiem Himmel geplant, und so mußte ein Teil der Journaille gnadenlos hinaus in den Niesel, während der Chef sein trockenes Plätzchen am Eingang einer - leeren - Halle fand. Drehscheibe des Ost-West-Handels und führender Platz im Osteuropäischen Markt soll Leipzig bleiben, versprach ein erschöpfter de Maiziere. Die traditionellen Handelspartner hätten großes Interesse an der Fortsetzung der Wirtschaftsbeziehungen. Allerdings gehe es nicht an, daß Länder wie Bulgarien ihre Ausfuhren subventionieren, während die hiesigen Betriebe für sich selber sehen müßten, wie sie ihre Exporte finanzieren. „Wir haben alles mögliche veranlaßt,“ beschied der Ministerpräsident die Frage, ob die Stützung des RGW-Handels für eine ganze Reihe von DDR -Betrieben - die letzte Hoffnung - hinreichend bleibt.
Rudi Rosenkranz, der Chef der neuen Textima-AG, sah das ganz anders. Die Hälfte der 24.000 Beschäftigten seines Ex -Kombinates lebt vom Ost-Export, der immerhin ein Volumen von 1,3 Milliarden D-Mark hat. Er erwartet weitere Hilfe; die bislang beschlossenen Stützungsgelder seien nicht ausreichend, kritisierte er beim hohen Besuch an seinem Stand. Optimistisch wie immer gab sich Bundeswirtschaftsminister Haussmann. Mit der Unterzeichnung des Einigungsvertrages und dem Beitritt zum 3.Oktober sei absehbar, daß es schon im Herbst zu wesentlich mehr Investitionen in der DDR kommen werde. Das Nebeneinander unterschiedlicher Regierungen und Rechtssysteme höre dann endlich auf. „Die Tränke ist voll, die Pferde müssen jetzt trinken“, meinte er und zeigte sich zufrieden über die neuerliche Umstrukturierung der Treuhandanstalt. Eine klitzekleine Andeutung für die Finanzierungsdebatte der kommenden Zeit gab der Minister auch. Die jetzt einheitliche Förderung „ersetzt langfristig kein steuerpolitisches Konzept.“ Ein strategisches Konzept hat sich hingegen das Messeamt überlegt. Kurzfristig wurde der Eintrittspreis für die Messe-Tageskarten heruntergesetzt. Der gelbe Schein kostet zwölf anstatt der vormals stolzen 25 D-Mark. Imposante Besuchszahlen zeichneten sich am ersten Tag dennoch nicht ab. Bis zum Nachmittag blieb der Andrang eher verhalten. Kein Wunder - schließlich sind die meisten der früher heiß begehrten Ausstellungssobjekte längst in den Schaufenstern der Stadt Leipzig zu sehen.
diba
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