■ Auch Gremliza konnte ehemaliges FDJ-Blatt nicht retten: „junge Welt“ wird nicht mehr älter
Kämpfend untergehen – heimlich war das schon lange die Devise bei den Machern der jungen Welt, seit nämlich die linke Mediengruppe Schmidt& Partner sie in die Hände von Hermann Gremliza und Oliver Tolmein gelegt hatte. Denn deren Konzept – neben dem Versuch, die verbliebenen Ost-Leser zu halten – lautete: „Die Zielgruppe bin ich“ (Gremliza). Und im Ernst können die beiden Traditionslinken kaum geglaubt haben, das würde aus der jungen Welt eine überlebensfähige Zeitung machen. Für die taz- Gründer war das Motto „Die Zeitung, die mir gefällt“ seinerzeit ein Erfolgsrezept. Aber eben nur damals, als es noch eine Aufbruchstimmung in den neuen sozialen Bewegungen gab. Damals – da war es im alten Westen auch noch so schön einfach, für die richtigen Leser auf der richtigen Seite zu stehen. Vor allem aber gab es kein Ost und West. Schon die Wochenpost, auch ein Traditionsblatt des Ostens, ist vor zwei Jahren bei dem Versuch gescheitert, mit mehr west- und gesamtdeutschen Themen bei den Linksliberalen im Westen wirklich Fuß zu fassen – gleichzeitig nahm die Ostauflage allmählich ab. Jetzt peilt man wieder eher die Ost-Leser an.
In der anderen Richtung gelingt es den überregionalen Westzeitungen – von der FAZ bis zur taz – genausowenig, im Osten akzeptiert zu werden. Die Lesermilieus sind so gespalten wie die Wählerschaften der Parteien, und das wird auch noch so bleiben, bis tatsächlich eine neue lesende Generation nachgewachsen ist. Gerade bei der Linken, wo die junge Welt ihre Leser suchte, gibt es kein einheitliches Milieu. Dies haben die Bündnisgrünen leidvoll bei den Wahlen im Osten erfahren, genauso die PDS mit ihren gescheiterten Versuchen, diejenigen im Westen um sich zu scharen, denen die Grünen nicht mehr links genug sind. Wie sollte das also gutgehen: aus einer ostdeutschen Jugendzeitung eine linkstraditionelle Zeitung zu machen – und zu hoffen, man würde den ehemaligen Hamburger KBler gewinnen und die Ost-Leserin bei der Stange halten? Der Spagat konnte nicht gelingen, das sei ohne Häme gesagt. Jede von den Großverlagen unabhängige kritische Zeitung weniger ist ein Verlust. Und es gibt kaum noch welche. Michael Rediske
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen