: Auch Afrika macht seinen Gläubigern Schwierigkeiten
■ Westafrikanische Währungsunion (UMOA) will IWF erstmals gemeinsame Bedingungen stellen
Von Knut Pedersen
Yamoussoukro (taz) - Als im vergangenen Monat US–Außenminister George Shultz Westafrika bereiste, erwiderte er auf die Frage, wie ihm zufolge denn der Verschuldungsproblematik in der Dritten Welt beizukommen wäre: „Die wirkliche Antwort ist Wirtschaftswachstum“. Genau darauf haben sich vergangene Woche in Yamoussoukro, der Verwaltungshauptstadt der Elfenbeinküste, auch die Finanzminister der sieben Mitgliedsländer der „Westafrikanischen Währungsunion“ (UMOA) verständigt: Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Mali, Niger, Senegal und Togo. Gleichwohl sie mit gut 15 Milliarden Dollar in der Kreide stehen, wollen die UMOA–Länder „künftig nicht länger den Gürtel enger schnallen und bis zum Nimmerleinstag die Entwicklung ihrer Nationalökonomie vertagen“. Oder wie es der Wirtschafts– und Finanzminister der Elfenbeinküste, Abdoulaye Kone, auf die Formel brachte: „Für uns ist die Schuldenregelung nur ein lästiger Zwang, aber kein politisches Ziel“. Außer dem seit zwei Jahren vergeblich mit dem IWF taktierenden Benin und Burkina Faso (Ex– Obervolta), dessen Auslandsschuld zu über 90 Prozent auf nicht zur Verhandlung stehende, multilaterale Entwicklungskredite zurückgeht, haben alle übrigen UMOA–Länder ihren Pakt mit dem IWF geschlossen und sich wirtschaftlichen Restrukturierungsprogrammen unterworfen. Jedoch nach wie vor: Die heimische Wirtschaft produziert weniger denn je, und sozial und politisch sind die IWF–Rezepte ein „Destabilisierungsversuch“. Das böse Wort stammt keineswegs aus linksradikalem Munde, sondern stand in der Eröffnungsrede des togolesischen Ministers Komla Alipui, der gegenwärtig der UMOA–Ministerrunde vorsitzt. Vielleicht hat er dabei an den heimischen Togo gedacht, der seit 1979 seine eine Milliarden–Dollar– Schuld bereits fünfmal vor dem „Pariser Club“ (Gläubigerstaaten) neu verhandelt hat und derzeit bereits das zweite „strukturelle Anpassungsprogramm“ verwirklicht - mit Hilfe und Zuspruch der Weltbank. An der „Opferstrategie“ des Weltwährungsfonds und den „Gesundschrumpfprogrammen“ der Weltbank ist von vielen Betroffenen oder bedrohten Ländern seit langem Kritik geübt worden. Neu dagegen ist, daß eine Gruppe von Ländern, die bereits eine gemeinsame Währung - der Franc CFA - verbindet, das finanzpolitische Gesundungsmodell der Hüter der internationalen Währungs– und Wirtschaftsordnung grundsätzlich in Frage stellen. Das war in Yamoussoukro der Fall, und wenn die Staatschefs der sieben UMOA– Länder den Vorschlägen ihrer Finanzminister folgen, dann soll es künftig keine bilateralen Verhandlungen mehr mit den „Instanzen des Weltsyndikats“ geben. Stattdessen würde an allen Unterredungen zwischen einem UMOA–Land und dem IWF oder der Weltbank eine „sachkompetente Gemeinschaftsstruktur“ teilnehmen, d.h. beispielsweise eine Expertengruppe der westafrikanischen Zentralbank BCEAO (Banque Centrale des Etats de lAfrique de lOuest). Statt wie bisher einzeln, Land für Land, die Bedingungen ihrer Bankrotterklärung auszuhandeln, will die UMOA–Gruppe eine „Charta wirtschaftspolitischer Grundsätze“ ausarbeiten und deren Respekt gegenüber dem IWF und der Weltbank garantieren. Die Leitlinie: keine Schuldenregelung und kein Sanierungsprogramm ohne Wachstumsperspektive für die jeweilige Nationalökonomie. Auch an der Form wirtschaftspolitischer Unterwerfung wurde vehemente Kritik geübt. So wollen die UMOA–Länder künftig die Experten der internationalen Instanzen, denen sie „arrogantes Verhalten“ vorwerfen, nicht länger bei sich vor Ort empfangen, sondern auffordern, die gewünschten Wirtschaftsinformationen bei der westafrikanischen Zentralbank zu erfragen. Was praktisch bedeuten würde, daß die gefürchteten IWF–Delegationen nicht länger die nationalen Konten durchforsten könnten, sondern sich für die sieben westafrikanischen Staaten an die BCEAO in Dakar zu wenden hätten. Man kann bezweifeln, ob es dazu kommen wird. Die Verhandlungsmacht von Habenichtsen ist bekanntlich gering. Außer Senegal und der Elfenbeinküste gehören die betroffenen Länder zu den zwanzig ärmsten der Erde. Anspruch auf Kredite im Rahmen des Baker–Plans hat beispielsweise nur die Elfenbeinküste. Die übrigen Länder sind bereits mehr oder weniger abgeschrieben. Was der burkinabeische Minister Eugene Dondasse eine „kollektive Revolte gegen den IWF und die Weltbank“ nannte, ist denn auch vielleicht nur ein Schrei im Hinterhof der Weltwirtschaftsordnung. Viel hängt davon ab, ob die einzelnen Regierungen in den kommenden Wochen dem Druck des „Weltsyndikats“ standhalten und tatsächlich eine gemeinsame „Charta wirtschaftspolitischer Grundsätze“ zunächst ausarbeiten und dann auch verteidigen werden.
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