: Auch Abgeordnete sollen sparen
Neben Kohls Sparpaket müssen Bonns Parlamentarier heute auch über ihre Diäten debattieren. Denn die Grünen wollen verhindern, daß sich die Abgeordnetenbezüge am 1. Juli automatisch erhöhen ■ Von Hans Monath
Bonn (taz) – Eine pikante Debatte steht dem Bundestag heute ausgerechnet an dem Tag ins Haus, da die Abgeordneten sich zum erstenmal über die Spargesetze der Bundesregierung streiten wollen: Auf Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen müssen sich die Volksvertreterinnen und Volksvertreter öffentlich dafür rechtfertigen, warum sie sich gerade in solchen Zeiten einen satten Nachschlag genehmigt haben, da die Koalitionsfraktionen die Bevölkerung zum Maßhalten zwingen will.
„Es ist unanständig, wenn die Abgeordneten ihre Diäten um 500 Mark aufstocken, wenige Wochen nachdem sie erst eine Erhöhung von 1.000 Mark genossen haben“, sagte gestern der Grünen-Abgeordnete Gerald Häfner. Sparen müsse „ganz oben beginnen und von oben nach unten gehen“, forderte der Diätenexperte. Das Sparpaket der Bundesregierung aber greife zuerst „bei den kleinen Leuten“ zu. Die Grünen fordern, die schon beschlossene Diätenerhöhung, die zum 1. Juli automatisch wirksam würde, um neun Monate zu verschieben. Die Aufstockung sei angesichts der wirtschaftlichen Lage, der realen Einkommenseinbußen bei einem Großteil der Bevölkerung sowie der von der Regierungskoalition geplanten umfangreichen Kürzungen der Sozialleistungen nicht zu rechtfertigen, heißt es in dem Gesetzentwurf, den die Grünen am Dienstag eingebracht haben.
Die Fraktionsspitzen von Union und SPD, die in den vergangenen Wochen mit den Grünen verhandelt hatten, werden nun unter Druck gesetzt. Den Spitzenpolitikern der beiden großen Fraktionen war es offenbar nicht gelungen, ihre eigenen Abgeordneten für ein Signal des Maßhaltens zu gewinnen.
Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD einigten sich am Dienstag deshalb darauf, die Rechtsstellungskommission des Ältestenrates anzurufen. In der Unionsfraktion hieß es, das Gremium solle den Zeitplan zur Anpassung der Abgeordnetenentschädigung „im Lichte der aktuellen wirtschafts- und finanzpolitischen Situation“ überprüfen. Nach Meinung von Gerald Häfner dient die Einschaltung der Kommission dem Zweck, „irgend etwas zusammenzuschustern, was den Eindruck einer Spargeste macht, aber niemandem weh tut“.
Die Grünen wollen die von den beiden großen Parteien für den 1. Juli geplante Erhöhung von 4,6 Prozent (das sind 525 Mark) um neun Monate auf den 1. April 1997 verschieben und auch die in zeitlicher Staffelung vorgesehene weitere Anhebung entsprechend verzögern. In den drei Jahren von 1996 bis 1998 würden auf diese Weise 14,4 Millionen Mark eingespart.
Ginge es nach den Grünen, würden im April 1997 die Diäten nur auf 11.825 Mark pro Abgeordneten erhöht. Zum 1. Januar würden die Bezüge dann auf 12.350 Mark im Monat steigen. Nach der letzten Anhebung zum Jahresende 1995 betragen die Abgeordnetenbezüge derzeit 11.300 Mark monatlich. Hinzu kommt die steuerfreie Kostenpauschale von 6.122 Mark. Auch die FDP kündigte einen Gesetzentwurf zur Verschiebung an, falls vorher keine Einigung in diesem Sinne erreicht werde. Fraktionschef Hermann Otto Solms forderte ferner, kranken Abgeordneten die Bezüge spürbarer zu kürzen als bisher. Den maladen Volksvertretern sollten für jeden Krankheitstag statt bisher 30 künftig 90 Mark abgezogen werden, sagte Solms. Der Vorschlag steht im Zusammenhang mit dem Plan der Koalition, die Fortzahlung der Beamtenbezüge bei Krankheit einzuschränken.
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