■ Attentat auf die ägyptische Botschaft in Islamabad: Noch ein Sicherheitsdilemma
Der mehr als drei Jahre andauernde Kleinkrieg zwischen der ägyptischen Regierung und ihrer militanten islamistischen Opposition hat mit dem blutigen Anschlag auf die ägyptische Botschaft in Pakistan und der Ermordung eines ägyptischen Diplomaten in Genf diese Woche eine neue Qualität gewonnen. Bisher wurde der Krieg zwischen beiden fast ausschließlich in Ägypten ausgefochten. Jetzt müssen anstelle von Polizisten, christlichen Kopten und Touristen in Ägypten vor allem ägyptische Diplomaten um ihr Leben fürchten.
Besonders die erfolgreiche Ausweisungsdiplomatie des ägyptischen Außenministeriums hat die militanten Kreise erzürnt. Fast hundert vermeintlich militante Islamisten wurden in den letzten Monaten an Kairo ausgeliefert. Pakistan gehörte dabei zu den Partnern mit der größten Kooperationsbereitschaft.
Möglicherweise haben die Militanten mit den diplomatischen Vertretungen eine neue Achillesferse Kairos entdeckt. Doch die Anschläge außerhalb Ägyptens könnten auch als ein Zeichen ihrer Schwäche ausgelegt werden. In Ägypten selbst wurde der Aktionskreis der Militanten von Polizei und Geheimdienst in den letzten Monaten systematisch eingeengt. Ihr Operationsgebiet reicht inzwischen nicht mehr über einige Enklaven im südlichen Oberägypten hinaus. Ihre Kadergruppen im Inneren scheinen vollständig vom ägyptischen Sicherheitsapparat unterwandert zu sein. Angesichts dieser Fakten, so die zweite mögliche Interpretation, bliebe nichts anderes als die Flucht nach vorne – die Suche nach neuen Zielen im Ausland.
Die Sicherheitskräfte der betroffenen Länder stünden dann allerdings vor einer völlig neuen Aufgabe. Die ägyptische Regierung hatte wohl recht, als sie in den letzten Monaten immer wieder davor gewarnt hatte, daß die Militanten, die in mehreren europäischen Ländern politisches Asyl erhalten haben, früher oder später auch dort zum Sicherheitsrisiko werden könnten. Die dortigen Behörden stecken in einem Dilemma: Liefern sie die allseits bekannten militanten Führer aus, droht diesen alles andere als ein rechtsstaatliches Verfahren. Viele von ihnen sind ohnehin schon von ägyptischen Militärgerichten in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Läßt man sie aber in Ruhe operieren, werden sie zum Bumerang für die eigene Sicherheit. Karim El-Gawhary, Kairo
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