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Attac-Mitgründer Wahl über G-20-Gipfel"Bankenrettungen unausweichlich"

In Berlin debattieren die EU-Regierungschefs über Finanzmarktkontrolle. Der Globalisierungskritiker Peter Wahl über die Chancen des G-20-Gipfels und die Reform des Finanzsystems.

Erhofft sich Reformen vom G-20-Gipfel: Peter Wahl. Bild: dpa
Felix Lee
Interview von Felix Lee

taz: Herr Wahl, wird die G-20-Runde die Welt retten?

Peter Wahl: Nein, das glaube ich nicht. Denn es sind weiterhin die reichen Staaten, allen voran die USA, die das Krisenmanagement bestimmen. Allerdings ist zu hoffen, dass mit der Ausweitung auf 20 doch mehr Multilateralismus zustande kommt als vorher.

Ein Fortschritt?

Das ist der Sachlage geschuldet. Die G-8-Staaten können die Krise ohne Länder wie China, Indien, Brasilien und Südafrika nicht lösen. Insgesamt bleibt aber das Problem, dass auch die G 20 erhebliche demokratische Defizite hat. Es ist nach wie vor ein von der G 8 handverlesener Kreis. Es gibt keine Legitimation durch die UNO. Und vor allem fehlen die Gruppen der armen Länder, die gleichwohl Opfer der Krise sind.

Was erwarten Sie vom G-20-Gipfel, der Anfang April in London stattfinden wird?

Ich gehe davon aus, dass die G-20-Runde mit dem neuen US-Präsidenten mehr Dynamik erhält. Ich erhoffe mir zudem eine Reihe von Reformen vor allem auf den Finanzmärkten, wie die Schließung der Steueroasen, die dann auch tatsächlich in Angriff genommen werden.

Sind Bankenrettungspakete der richtige Weg?

Sie sind leider unausweichlich. Diese Lektion aus der Weltwirtschaftskrise von 1929 hat man gelernt. Das letzte Mal, dass man das Problem dem Markt überließ, war der Crash bei der Investitionsbank Lehman Brothers. Die Ergebnisse sind ja bekannt.

Weed und Attac ziehen am selben Strang wie die Bundesregierung?

Überhaupt nicht. In der konkreten Ausgestaltung haben wir beträchtliche Kritik. Es fängt damit an, dass Dinosaurier-Technologien wie das Auto gefördert werden. Es wäre viel notwendiger, mit solchen Konjunkturpaketen eine ökologische Wende herbeizuführen. Hinzu kommt das Verteilungsproblem: Es ist viel zu wenig darauf geachtet worden, dass diejenigen, die diese Misere eingebrockt haben, auch tatsächlich herangezogen werden.

Wie?

Durch Sonderabgaben, Zwangsanleihen. Das bedeutet auch, dass der Staat in die Geschäftspolitik eingreifen und gefährliche Spekulationen und ausufernde Boni-Zahlungen verhindern muss.

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