Atomtransporte gestoppt: Kein Müll mehr nach Russland
Deutschlands einzige Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau stoppt seine Atommülltransporte nach Russland. Hochgiftige Uranabfälle lagern jetzt im Münsterland.
Teilerfolg für die Anti-Atom-Bewegung: Deutschlands einzige Urananreicherungsanlage (UAA) im münsterländischen Gronau liefert keinen hochgiftigen Atommüll mehr nach Russland. "Der Vertrag mit unserer russischen Partnerfirma Tenex ist ausgelaufen. Der letzte Transport in Richtung Russland ging Ende August", sagte eine Sprecherin der UAA-Betreiberfirma Urenco der taz. Seit 1996 seien insgesamt 27.300 Tonnen "abgereichertes Uran" nach Russland gebracht worden.
Atomkraftgegner hatten in der Vergangenheit immer wieder versucht, die Atommülltransporte mit Protesten aufzuhalten - denn bei dem "abgereicherten Uran" handelt es sich um nicht nur radioaktives, sondern auch hochgiftiges Uranhexafluorid, das bei Kontakt mit Luftfeuchtigkeit zu tödlicher Flusssäure reagiert. In Russland aber rosten die Fässer mit Gronauer Atommüll noch immer unter freiem Himmel vor sich hin, sagte der Sprecher der russischen Umweltorganisation Ecodefense, Wladimir Sliwjak, am Freitag - die taz berichtet seit längerem über den Skandal.
"Illegal und lebensgefährlich" sei der Umgang mit dem hochgiftigen Uranhexafluorid in den noch aus der Sowjetzeit stammenden Atomanlagen in Sibirien und am Ural, sagt Sliwjak: "Deutschland kippt uns seinen Atommüll einfach vor die Füße."
Auch in Frankreich hatten in dieser Woche Berichte der Zeitung Libération für Aufregung gesorgt, nach denen 13 Prozent des französischen Atommülls nahe der sibirischen Stadt Sewersk unter freiem Himmel auf einem Parkplatz lagern. Auch Urenco lieferte nach Angaben Sliwjaks zunächst nach Sewersk, später dann hauptsächlich in die Nähe von Nowouralsk.
Doch während selbst die konservative französische Regierung eine Untersuchung erwägt, hält die UAA-Betreiberin die Atomtransporte für legal und unproblematisch: Mitarbeiter hätten sich vor Ort ein Bild gemacht und keine rostenden Behälter gesehen. Nach Russland werde kein Atommüll, sondern Wertstoff zur Wiederanreicherung geliefert, betont seit Jahren das Unternehmen - ein deutsch-britisch-niederländisches Joint Venture, an dem auch die Energiekonzerne RWE und Eon jeweils 16,6 Prozent der Anteile halten.
Eine sachgemäße Wiederaufbereitung des Gronauer Uranhexafluorids wollte Urenco-Geschäftsführer Joachim Ohnemus aber bereits vor vier Jahren nicht garantieren: "Es kann sein, dass wir auch Natururan zurückbekommen. Wir liefern Behälter hin, und wir bekommen Behälter zurück", so Ohnemus 2005 zur taz.
Atomkraftgegner, Grüne und Linke fordern deshalb ein Aus für die UAA, deren Kapazität von derzeit 2.200 Tonnen auf 4.500 Tonnen ausgebaut wird - genug, um 35 Atomkraftwerke mit Brennstoff zu versorgen. "Das Monster muss abgeschaltet werden", fordern Umweltschützer. Urenco will den Atommüll künftig in Gronau aufbewahren und 2011 mit dem Bau eines neuen Zwischenlagers beginnen. Gesamtkapazität: 60.000 Tonnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid