Atompolitik: Spanien sucht Endlager-Standort

Dutzende Gemeinden interessieren sich für Atommülllager: 6 Millionen Euro bringt ein Endlager pro Jahr, und Arbeitsplätze. Doch die Gemeinden haben die Rechnung ohne die Anwohner gemacht.

Über die Köpfe hinweg: Zwei alte Frauen vor Atomkraftwerk in Ascó. Bild: reuters

MADRID taz | Spaniens Regierung sucht einen Standort für ein atomares Endlager. Dutzende von Gemeinden interessieren sich für die 700 Millionen teure Hochsicherheitslagerhalle. Drei Gemeinden streiten sich bereits in aller Öffentlichkeit um den Zuschlag. Es herrscht Wirtschaftskrise auf der Iberischen Halbinsel. Ein Endlager verspricht 6 Millionen Euro für die Gemeindekasse pro Jahr und vor allem Arbeitsplätze.

Doch die Gemeinden haben die Rechnung ohne die Anwohner gemacht. In Ascó in Katalonien riefen die Umweltschützer am Sonntag zu einer Demonstration gegen das Endlager auf, 3.000 Menschen kamen. Der Ort 170 Kilometer westlich von Barcelona lebt seit 1986 mit zwei AKWs und verfügt über einen guten Bahnanschluss. Bürgermeister Rafael Vidal von der gemäßigt nationalistischen Convergència i Unió (CiU) hat den Gemeinderat hinter sich.

Dennoch hat er ein Problem. Seine Partei, die sich bisher nie gegen die Atomenergie ausgesprochen hat, fürchtet um Stimmen bei den Wahlen zum katalanischen Autonomieparlament im Herbst. CiU droht deshalb Bürgermeister Vidal mit einem Parteiausschlussverfahren, falls er seine Atompläne weiter verfolgen sollte.

In Yerba, in Castilla-La Mancha, sieht es nicht viel anders aus. Die Gemeinderatsmehrheit der Partido Popular (PP) stimmte für das Endlager. Doch in der Zentrale der konservativen Opposition in Madrid sorgt dies für Verstimmung. Die PP liegt dank der Wirtschaftskrise seit Monaten in den Umfragen vor den regierenden Sozialisten der PSOE von José Luis Rodríguez Zapatero. Keiner will dies aufs Spiel setzten.

Doch auch die in Madrid regierenden Sozialisten Zapateros haben ihre liebe Not mit den beiden Bewerbungen. Sowohl in Katalonien als auch in Castilla-La Mancha regiert die PSOE. Nicht nur die Landesväter befürchten Stimmenverluste durch ein Endlager, auch Zapatero weiß, dass ihm die beiden Regionen zum Sieg verholfen haben. Es scheint, als sei Zapatero deshalb auf der Suche nach einer Gemeinde, deren Bürgermeisteramt in Händen der Sozialisten ist, die Autonomieregierung jedoch nicht. Campo de San Pedro in Castilla-León erfüllt diese Kriterien. Am Dienstag ruft der Bürgermeister des Ortes 130 Kilometer nördlich von Madrid die 380 Einwohner zu einer Volksabstimmung über das Endlager.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.