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Atommülllagerung in GorlebenRöttgen setzt alles auf eine Karte

Bundesumweltminister legt seine Pläne zum weiteren Vorgehen beim Endlagerbergwerk Gorleben offen. Erkundungen anderer Standorte sind nicht geplant.

"Ergebnisoffene Erkundung", schon klar. Bild: dpa

Bundesumweltminister Norbert Röttgen legt am Montag seine Pläne zum weiteren Ausbau des Endlagerbergwerk Gorleben offen. Der CDU-Politiker will in Berlin schildern, wie er die vor zehn Jahren gestoppte "Erkundung" - so wurde der Ausbau schon immer genannt - des Gorlebener Salzstocks künftig rechtlich und praktisch sicherstellen will. Zudem wolle Röttgen ein Angebot zur Bürgerbeteiligung unterbreiten, hieß es am vergangenen Wochenende in seinem Ministerium.

Grundlage des Ausbaus soll weiter das Bergrecht und nicht das Atomrecht sein - obwohl das Endlager am Ende der Erkundung nahezu fertig sein soll. Röttgen hat zwar stets eine "ergebnisoffene Erkundung" versprochen. Dennoch setzt er bei der Endlagerung von hochradioaktivem Müll allein auf Gorleben - die parallele Erkundung anderer Standorte ist nicht geplant.

Das Umweltministerium wird voraussichtlich über das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) umgehend die Verlängerung des aus dem Jahr 1983 stammenden Rahmenbetriebsplanes für das Gorlebener Endlagerbergwerk beantragen. Röttgen hatte bereits angekündigt, demnächst "die bergrechtlichen Genehmigungen für die Erkundung sicherzustellen", so der CDU-Minister.

Der Rahmenbetriebsplan, mit dem 1983 der generelle Umfang und der zeitliche Ablauf des Bergwerksbau genehmigt wurden, ist total veraltet. Der Bergwerksbau oder die "Erkundung" sollte nach dem damaligen Zeitplan 1992 abgeschlossen sein. Geplant war in Gorleben zudem ein Endlager für alle Arten radioaktiver Abfälle mit neunmal mehr Einlagerungsvolumen, als man für das derzeit geplante Endlager für hochradioaktiven Abfall benötigt.

Erst seit 1990 sind bei bergrechtlichen Projekten eine Prüfung der Umweltverträglichkeit und eine Bürgerbeteiligung Pflicht. Der Betriebsplan des Jahres 1983 wurde ohne Bürgerbeteiligung erlassen. Daher konnten dagegen nur betroffene Grundbesitzer klagen, die Salzabbaurechte in dem Gebiet besitzen.

Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg bereitet gegen die Verlängerung des Rahmenbetriebsplanes bereits neue Klagen vor. Vergangenes Jahr kam ein vom BfS in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zu dem Schluss, dass sich das Endlagerprojekt gegenüber dem Rahmenbetriebsplan 1983 "wesentlich geändert" habe und der Plan "daher keine Rechtsgrundlage für eine weitere bergrechtliche Erkundung sein" könne. Von Röttgens Bürgerbeteiligung hält die BI gar nichts. "Beteiligen werden wir uns nur an einer Diskussion über den Rückbau des Endlagerbergwerkes", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

Die Aufhebung des seit dem Jahr 2000 geltenden Gorleben-Moratoriums bedeute nur: "Jetzt soll gebaut werden." Eine weitere Erkundung des Gorlebener Salzstocks sei völlig unnötig, fügte der BI-Sprecher hinzu. Der Salzstock sei hinreichend untersucht. Dessen geologische Mängel wie das Fehlen einer geschlossenen Gesteinsschicht über dem Salz seien hinlänglich bekannt.

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7 Kommentare

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  • J
    JanG

    @Karl

     

    Wir hatten seinerzeit einen drei Meter hohen unbeschichteten Metallzylinder der senkrecht in Salzgrus stand. Von oben wurde mit verschiedenen Flussgeschwindigkeiten Wasser eingelassen. Der Zylinder selber konnte beheizt werden wobei die Temperatur horizontal unterschiedlich eingestellt werden konnte. Das ganze Experiment lief als Langzeitexperiment über knapp zweieinhalb Jahre.

     

    Und hierbei haben wir unter anderem feststellen können, dass die Lauge bei ca. 100 Grad Celsius verdampfte, den Behälter also nicht erreichte. Dieser war quasi von Dampf umgeben aus dem dann die verschiedenen Mineral auf der Oberfläche kondensierten. Allerdings handelt es sich hierbei um ein Experiment ohne Druck. Wie gesagt, aktuell versuchen wir, in Anbetracht des auslaufenden Moratoriums, ein neues Experiment zu starten bei dem eben auch der Druck berücksichtigt wird.

     

    Was nun Gorleben angeht: die drei Bände die ich erwähnte sind hier recht ausfschlussreich. Aber angesichts der politischen Lage ist es wohl egal wie gut Gorleben geeignet ist - eine Akzeptanz ist nicht zu erwarten. Nicht zuletzt auch wegen der an sich viel zu emotional geführten Endlager Debatte. Schade eigentlich.

  • K
    Karl

    @ janG

     

    Danke für die Angaben. Zudem sollte ich meine Darstellung etwas präzisiseren. Denn es handelt sich aj um die Migration von Kristallwasser. Mithin bewirkt eine Fluidanreicherung auf der Gebindeoberfläche eher vom Charakter einer Filmbildung. Eingedenk der gegebenen Oberflächentemperaturbereiche ist natürlich nur einhoch gespanntes Fluid oder ein differenzierte Abfolge aus Fluid und Dampfphase möglich. Können Sie mir wenigstens andeuten, ob Sie bei dem setup für das initiale Kistallwachstum von einer blanken oder einer beschichteten Metalloberfläche ausgegangen sind?

     

    Als Einzeleffekt sicher nicht sofort unbedingt problematisch. Nur eben bei Diapiren immer vor dem Hintergrund der Aszendenz des Ganzen Körpers zu sehen. Dazu ist Ihnen vollumfänglich zuzustimmen, aufgelassene Bergwerke erscheinen indiskutabel.

    Die mir zu Gorleben vorliegenden Daten lassen eine zuriedenstellende Einschätzung hinsichtlich der notwenigen Homogenität in Ermangelung ausreichender Auflösung leider so nicht zu. Zudem müsste erstmal ein "hinreichendes" Homogenitätskriterium unter Berücksichtigung der Salztektonik definiert werden. Zumal dieses dann sicher recht komplex ausfallen wird.

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • J
    JanG

    @Karl:

     

    Das Forschungsvorhaben fand zwischen 7/96 bis 8/99 statt und war für das BMWi unter dem Förderkennzeichen 02 E 8966 gemacht worden. Den Bericht selber darf ich Ihnen zwar nicht zukommen lassen, aber vielleicht nützen Ihnen die genannten Infos was.

     

    Natürlich haben Sie Recht, der Druck, den wir bei unserem Experiment hatten, war nicht zu hoch. Und weiter stimmt es natürlich, dass mit höherem Druck die Siedetemperatur steigt. Andererseits haben Studien gezeigt, dass Salz sich unter hohem Druck plastisch verhält. Das heißt, dass bei den zu erwartenden Drücken kein Fluss von Salzlauge zu erwarten ist: die Lauge findet keinen Weg durch das Salz. Ist hingegen der Druck gering genug, so kommen die Effekte die ich bereits oben beschrieben habe zum Tragen. Die Gefahr dass ein Abfallgebinde 'in Lauge schwimmt' besteht einfach mal nicht.

     

    Genaueres bzgl. dieser genannten Studien finden Sie auch auf der Seite vom BGR: bgr.bund.de

    Dort einfach in der Rubrik 'Geotechnik, Endlagerung' in die Unterkategorie Endlagerforschung bzw. Endlagerstandorte. Im Punkt Gorleben wird auf eine dreibändige Serie verwiesen, in Band 2, "Die Geologie des Deck- und Nebengebirges des Salzstockes Gorleben", finden Sie die hier beschriebene Problematik.

     

    Noch eines zum Abschluss: Natürlich gibt es auch Laugenflüsse in Salzstöcken (siehe Asse). Aber hier handelt es sich um alte Bergwerke die durchlöcherter als ein schweizer Käse sind. Und solche Bergwerke sind NICHT endlagergeeignet. Ob der Salzstock Gorleben diese Kriterien erfüllt weiß ich nicht und dazu möchte ich mich daher auch nicht äußern. Aber dass in einem Salzstock, der die Endlagerkriterien des AkEnd erfüllt, ein Laugenzufluss zum Abfallgebinde zu besorgen ist, halte ich für ausgeschlossen.

  • K
    Karl

    @ JanG

     

    Mir liegen bisher etwas ältere Befunde vor die zu einem anderen Resultat gekommen sind.

     

    Das das alles unter Druck stattfindet, bin ich auf Ihre Versuchsbedingungen gespannt. Gibts dazu auch eine Literaturstelle?

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • J
    JanG

    @Karl

    so ein Unsinn: noch bevor die Salzlauge das Gebinde erreicht verdampft das Wasser. Dadurch 'schwimmt' da kein Fass in Salzlauge. Durch die unterschiedlichen Siedetemperaturen der in der Lauge gelösten Minerale bildet sich weiterhin eine feste Kristallschicht um das Gebinde und bildet so eine weitere Barriere.

     

    Entsprechende Versuche hatte die Forschungsgruppe in der ich arbeite bereits Ende der 1990er Jahre durchgeführt, aktuell haben wir Anträge gestellt, diesbezüglich weiter zu forschen.

  • K
    Karl

    Eine seltsame Geschichte!

     

    Denn, so neu ist die Erkenntnis nicht, in der bisherigen Einlagerungsform (Eingebetteter Glascore) sind wärmefreisetzende, hochaktive Abfälle in inhomogenen Salzkörpern nicht korrosionssicher einlagerbar.

    Das Problem beginnt mit der Migration von kristallwasser auf da Gebinde hin, letztlich schwimmt dann ein einzelnes Fass in einer 200-400 °C warmen gesättigten Salzlauge...

    Metalle widerstehen solchen Einwirkungen nicht allzu lang, Beton zerbröselt innerhalb von Tagen und der Barytglascore hielt in Versuchen auch nur 2 Wochen solche hydrothermalen Bedingungen aus; danach war der Core-Inhalt in Lösung....

     

    Etwas erstaunlich, dass solche bekannten Fakten einfach vergessen werden; wohl eine Kostenfrage.

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • NT
    Na toll

    Schade dass man hier keine Beleidigungen schreiben darf.

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Atommülllager_Gorleben

     

    Damit wäre wohl alles gesagt.