Atomkraftwerk Krümmel: Reaktor strahlt nach altem Recht

Vattenfall will seinen Pannen-Reaktor wieder ans Netz nehmen. Genehmigt wird das nach alten Sicherheitsregeln. Die neuen hatte der Umweltminister verschoben.

Es hagelt Kritik von allen Seiten: Vattenfall wolle das Atomgesetz unterlaufen. Bild: ap

Nach fast zwei Jahren Stillstand will der Energiekonzern Vattenfall das Atomkraftwerk Krümmel wieder in Betrieb nehmen. Nachdem rund 200 technische Änderungen vorgenommen wurden, sei am Dienstag beim zuständigen Sozialministerium des Landes Schleswig-Holstein beantragt worden, den Reaktor wiederanzufahren.

Krümmel war am 28. Juni 2007 vom Netz gegangen, nachdem ein Brand in einer Trafostation massive Probleme in der Leitwarte und einen Druckverlust ausgelöst hatte. Bei den anschließenden Wartungsarbeiten waren zudem fehlerhafte Dübel und Risse in Armaturen entdeckt worden. Der zuständige Abteilungsleiter im Kieler Ministerium, Wolfgang Cloosters, geht von einer schnellen Entscheidung aus. Dies sei "eher eine Sache von Tagen als von Wochen".

Die Sicherheitskriterien des neuen "Kerntechnischen Regelwerks", auf deren probehafte Anwendung sich Bund und Länder vor wenigen Tagen geeinigt haben (taz vom 11. Juni), kommen bei der Prüfung noch nicht zur Anwendung. Dieses Verfahren sei erst ab 1. Juli vorgesehen, sagte Cloosters. Auch danach sei das neue Regelwerk aber "nicht rechtsverbindlich", weil es vom Bundesumweltministerium nicht veröffentlicht wurde.

Der energiepolitische Sprecher der Grünen, Hans-Josef Fell, hält den Termin des Antrags nicht für Zufall. "Man kann sich an seinen zehn Fingern abzählen, dass Vattenfall das Atomgesetz unterlaufen will", sagte er. Das sei nicht akzeptabel: "Auch in Krümmel müssen die neuesten Sicherheitsstandards gelten." Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow wies dies zurück: "Die geplanten neuen Regeln haben keinen Einfluss auf unseren Antrag gehabt." Auch Wolfgang Cloosters von der Kieler Genehmigungsbehörde bestreitet, dass durch die alten Regeln die Sicherheit leide. "Weil wir auch heute schon grundsätzlich nach dem Stand von Wissenschaft und Technik prüfen, würde sich am Ergebnis der Bewertung vermutlich nichts ändern."

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) verschärfte unterdessen ihre Kritik daran, dass Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) die neuen Regeln nicht verbindlich gemacht hat. Stattdessen mache er die Anwendung der schärferen Kriterien von der Zustimmung der Länder und Betreiber abhängig und etabliere so einen "Sicherheitsstandard light", sagte DUH-Geschäftsführer Rainer Baake. Falls sich die Behörden nicht am Stand von Wissenschaft und Technik orientierten, werde die DUH betroffene Bürger bei Klagen unterstützen. Gabriel wies die Kritik zurück. Angesichts der "Komplexität des Regelwerks" sei es sinnvoll, dies zunächst zu erproben.

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