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AtomkraftReaktorunfall in Russland vertuscht

Die Explosion eines Trafos im grenznahen russischen Akw Kola sorgt in Norwegen für Angst und Ärger. "Natur og Ungdom" fordert nun von der norwegischen Regierung, aktiv zu werden.

Klima-Aktion von "Natur og Ungdom". Bild: Natur og UngdomCC-BY-ND

STOCKHOLM taz | Bereits am 15. Januar ist ein fünf Meter hoher Transformator beim nordwestrussischen Atomkraftwerk Kola nahe Murmansk explodiert. Transformatorteile flogen bis zu 80 Meter weit und zerstörten Teile des Umspannwerks, wodurch der Strom stundenlang ausfiel.

Ob der Vorfall auch zu Problemen mit der Kraftwerksicherheit führte, ist nicht bekannt. Denn Betreiber und Behörden versuchten, den Unfall zu vertuschen. Er wurde erst Ende Januar durch einen Bericht des lokalen Fernsehsenders TV Murman bekannt. Und von dessen Webseite verschwand die Nachricht bereits einen Tag später wieder.

Dieser Vertuschungsversuch sei "haarsträubend und respektlos gegenüber der Bevölkerung in der Barentsregion", kritisiert nun Stine Østnor von der norwegischen Umweltschutzorganisation "Natur og Ungdom". Das AKW Kola mit vier Reaktoren liegt nur 180 km von der norwegischen Grenze entfernt.

Oslo hat deshalb mit Moskau ein Abkommen über die unmittelbare Information bei Unfällen geschlossen, das jetzt nicht zum ersten Mal verletzt wurde. "Natur og Ungdom" fordert nun von der norwegischen Regierung, deshalb aktiv zu werden.

Die Druckwasserreaktoren des nahe dem Ort Polyarny Zori liegenden AKW Kola waren bei ihrer Konstruktion ursprünglich für einen Betrieb von 30 Jahren konzipiert. Mittlerweile laufen sie seit 36 und 37 Jahren, und die Betriebserlaubnis wurde kürzlich trotz norwegischer Proteste bis zum Jahre 2018 verlängert. Aufgrund von Sicherheitsdefiziten gelten sie als wesentlich unfallträchtiger als westeuropäische Reaktoren. Im norwegischen Grenzgebiet zu Russland werden sie als ständige Bedrohung erlebt. Voriges Jahr wurden an alle BewohnerInnen der norwegischen Grenzstadt Kirkenes Jodtabletten verteilt, die bei Atomalarm eingenommen werden sollen.

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6 Kommentare

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  • T
    Thomas

    Die Empörung der Norweger ist völlig korrekt und keinesfalls überzogen oder Panikmache. Wenn die Russen schon einen so "harmlosen" Störfall vertuschen, werden sie es bei einer ernsthaften Störung erst Recht tun.

     

    Und zum Glück haben die allermeisten Störfälle in AKWs gemessen auf der INES-Skala nur die Stufe 0 (keine oder geringe sicherheitstechnische Bedeutung). Aber wollen wir erst warten, bis erneut Stufe 7 auftritt (=Super-GAU wie in Tschernobyl), ehe wir endlich handeln?

  • T
    Thorsten

    Wie bedauernswert, entgegen dem eigenen Willen Teil der "Schafherde" zu sein und nicht den Mumm zu besitzen, die "Herde" zu verlassen. Genau diese Feigheit und das gedankenlose Hinterhergerenne von populistischen Überschriften in Boulevard-Zeitungen hat uns in der Energiepolitik dahin gebracht, wo wir heute sind: Auf dem besten Wege ins Energie-Entwicklungland.

    Nur schade, dass doppelzüngige und feige Menschen auch wollen, dass das Licht im Kühlschrank brennt. Und vermutlich sind sie sogar die ersten, die wieder schreien, wie schlecht und böse die großen Energiekonzerne doch sind, wenn der Strom bei Windflaute oder Regenwetter ausfällt.

    Ich kann nur hoffen, dass die Bevölkerung dieses Landes wieder in Richtung "Dichter und Denker" geht, frei nach dem Motto: "Wenn der Klügere immer nachgibt, wird diese Welt irgendwann nur noch von Idioten regiert!"

  • V
    vic

    Berichte über Reaktor"störfälle" lassen sich nicht für immer unterdrücken. Es scheint, wir Idioten brauchen diese "Störfälle" um zu kapieren was wir tun. Wir werden sie bekommen, mehr als uns lieb ist.

    Ich schreibe bewusst "wir", obwohl ich mich schon lange von Atom und Fossilenergie verabschiedet habe.

    Aber trotz allem bin ich Teil der Schafherde, ob wohl ich´s nicht sein will.

  • M
    Michael

    So eine Panikmache! Ein defekter Trafo ist kein Reaktorunfall! Ein Trafo hat mit einem Atomreaktor überhaupt nichts zu tun, er wandelt doch nur die Spannung, die dann mal erzeugt wird und wenn der kaputt geht, gibt's halt keinen Strom. So eine Panik hat man in Deutschland schon mal bei Vattenfall gemacht. Die Medien und die Politik sollten erst mal Überlegen!

  • S
    Sponti

    Eine Trafo-Explosion ist kein Reaktorunfall. Demzufolge wurde auch kein Reaktorunfall vertuscht, sondern eine Trafoexplosion. Man muss schon bei den Tatsachen bleiben. Solche Trafos gibt es auch in Kohle-, Gas- und Wasserkraftwerken. Nur kräht kein Hahn danach, wenn dort so etwas passiert, außer dass man sich über den Stromausfall beschwert. Die Panikmache à la Krümmel macht die Anti-AKW-Bewegung nicht gerade glaubwürdiger. Man sollte sich auf die wirklich bedenklichen Störungen konzentrieren, sonst hört irgendwann keiner mehr hin - so wie momentan die CSU. Und dann wird es wirklich gefährlich.

  • US
    Uwe Schwarz

    Die Schlagzeile ist völlig daneben. Eine Trafo-Explosion hat mit dem Reaktor überhaupt nichts zu tun. Die russischen Kernkraftwerke sind sicher noch problematischer als die westlichen, aber so etwas zum „Reaktorunfall“ hochzupushen ist entweder hysterisch oder schlagzeilengeil. Wenn im Kernkraftwerk ein Mitarbeiter auf der Treppe ausrutscht und sich den Hals bricht, würdet Ihr dann „Tödlicher Unfall im AKW!“ titeln und die sofortige Abschaltung fordern?

     

    Gegen die Kernenergie gibt es genug seriöse Argumente, also sollte man sich derartige Stimmungsmache schenken. Das kann nämlich nach hinten losgehen, denn die konservativen Kräfte sind für jedes Krümelchen dankbar, das man ihnen hinwirft (siehe „E-Mail-Affäre“ und „Gletscher-Affäre“ und die entsprechenden Reaktionen der „Klimaskepitiker“).