piwik no script img

Asylfarce in ÖsterreichWeihnachten im Flüchtlingslager

Vier jungen Kosovaren, die ihre Mutter und Schwester in Österreich besuchen wollten, stranden in Ungarn. Dort droht ihnen jetzt die Abschiebung in ihre Heimat.

Erneut werden an ihrer Familie mal wieder alle Härten des Österreichischen Bild: reuters

WIEN taz Eine Weihnachtsgeschichte der anderen Art spielte sich über die Feiertage in Österreich ab. Die vier Geschwister der Kosovarin Arigona Zogaj, die Weihnachten unbedingt mit ihrer Mutter in Oberösterreich verbringen wollten, sitzen in einem Flüchtlingslager in Ungarn und blicken ihrer Abschiebung entgegen. Die Zogajs sind Österreichs bekannteste Flüchtlingsfamilie, an der die Härten des Fremdenrechts vorexerziert werden.

Innenministerin Maria Fekter (ÖWP), die es in der Hand hätte, eine humanitäre Lösung anzubieten, tauchte in die Ferien ab und verwies auf die Zuständigkeit der ungarischen Behörden.

Arigona Zogaj hatte im September 2007 wochenlang die Öffentlichkeit in Atem gehalten. Die damals 15-jährige Schülerin war untergetaucht, als die Fremdenpolizei anklopfte, um die Familie ins Kosovo abzuschieben. Während der Vater und vier Geschwister in die alte Heimat verfrachtet wurden, drohte Arigona mit Selbstmord. Die Einwohner der Gemeinde Frankenburg solidarisierten sich mit der längst integrierten Familie, deren Asylverfahren nach sechs Jahren negativ geendet hatte.

Erst als die ÖVP den Pfarrer Josef Friedl einschaltete, wagte sich der Teenager aus der Deckung. Der damalige Innenminister Günter Platter (ÖVP) versprach, mit der Abschiebung Arigonas und ihrer Mutter Nurie bis zum Abschluss der Hauptschule im vergangenen Juli zu warten. Als es so weit war, musste die Deportation erneut ausgesetzt werden, weil Nurie Zogaj nach zwei Selbstmordversuchen und einem Nervenzusammenbruch im Krankenhaus lag. Seither leben sie und Arigona in einem Schwebezustand. Sie dürfen nicht arbeiten und können jederzeit, wenn ein neues ärztliches Attest es erlaubt, gewaltsam ins Kosovo verbracht werden.

Die abgeschobene Restfamilie konnte im Kosovo nicht Fuß fassen. Vater Dzevat Zogaj fand keine Arbeit, ließ seine Kinder bei Verwandten und zog mit einer neuen Frau nach Mazedonien. Die kaum Albanisch sprechenden Kinder, Abin (9) und Albona (8), blieben nur wenige Tage in der Schule. Versuche eines Anwalts, zumindest für die beiden kleinen Geschwister Schülervisa für Österreich zu erwirken, scheiterten an undurchschaubaren bürokratischen Schikanen.

Schließlich verloren die Kinder die Hoffnung, ihre Mutter auf legalem Weg wiedersehen zu können. Entgegen den dringenden Warnungen des Anwalts und von Pfarrer Friedl engagierte Dzevat Zogaj einen Schlepper, der alle vier Kinder, auch den 19-jährigen Alban und den 17-jährigen Alfred, nach Ungarn bringen sollte, von wo sie einen Bus nach Oberösterreich nehmen wollten. Der Schlepper setzte die vier allerdings am 23. Dezember kurz hinter der serbischen Grenze im ungarischen Wald aus. Anwohner verständigten die Polizei, die die Unglücklichen in ein Lager in Békéscsaba brachte. Dort ersuchten sie um Asyl.

Dass die ungarischen Behörden ihnen Asyl gewähren, gilt als unwahrscheinlich. Die Kinder und Jugendlichen würden dann einen Stempel in den Pass bekommen, der ihnen die Einreise in die EU verbietet, und schnell abgeschoben werden. Deshalb appellierten die österreichischen Grünen an die Innenministerin, das Verfahren an sich zu ziehen und die Wiedervereinigung der zerrissenen Familie aus humanitären Gründen zu ermöglichen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

5 Kommentare

 / 
  • RP
    Rudi P.

    Diese Episode der Asylfarce findet in Ungarn statt. Mal sehen, ob die Ungarn das besser in den Griff kriegen als die Österreicher.

  • KP
    Kristandl P.

    Alle Kinder der Familie Zogaj können kaum albanisch noch können sie sich mit der albanischen Kultur identifizieren, das sie ihr Leben lang in Österreich lebten! Ihre eigentliche Heimat ist also Österreich! Wenn es 9 Jahre dauert bis ein Asylverfahren endgültig abgelehnt wird und sich eine Familie in dieser Zeit gut integriert hat(das von Schilehrer erwähnte straffällig gewordene Kind war lediglich in eine Schlägerei in einer Disco verwickelt,welche auch jedem Inländerkind passieren hätte können) ist es nicht einzusehen warum sie nicht eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen kann. In Österreich( wie leider in vielen anderen Ländern) ist bei dem Thema Asyl Recht nicht gleich Gerechtigkeit!Außerdem schockiert mich eine solche Herzlosigkeit wie bei dem Satz "Die Zogajs nerven!" zutiefst!

  • A
    Austria

    Wieso "droht" die Abschiebung in die Heimat? Hat die EU Kosovo nicht grade als Staat anerkannt? Dann ist eine Nichtaufnahme der Familie in Österreich und deren Rückkehr nach Kosovo wohl als Selbstverständlichkeit zu sehen.

  • SS
    Sepp Schilehrer

    Ein Vater aus dem Kosovo lässt sich von Schleppern alleine illegal nach Österreich bringen, seine Familie lässt er im Kosovo zurück. Wer zerreisst jetzt die Familie? Der Vater oder die österreichischen Behörden? Trotz mehrfach (durch Höchstgerichte) abgelehnter Asylanträge lässt er seine Familie nachschleppen und ebenso illegal nach Österreich bringen. Auch diese Asylanträge (warum sollte man als Kosovare auch Asyl bekommen) werden mehrfach negativ beschieden. Ein Kind der Zogajs wird in Österreich straffällig. Wo, ihr lieben Gutmenschen der taz, ist hier bitte die Asylfarce. Was anderes sind die Zogajs als ganz gewöhnliche Wirtschaftsflüchtlinge, von denen es in Mitteleuropa bereits genug gibt und die besser daran täten, beim Aufbau ihrer Heimat mitzuarbeiten als uns Österreichern hier auf der Tasche zu liegen. Warum stehen tausende europäische Soldaten in Kosova, wo man doch um politisches Asyl ansucht? Aber lieber scharen wir Mythen um ach so arme Flüchtlinge.....Die vermeintliche Solidarität in Frankenburg beschränkte sich ausserdem auf in Bussen herangekarrte Berufsdemonstranten. Die Zogajs nerven!

  • NI
    Njazi ismajli

    was du ostrreicher mit der famille Zogaj mchen ist unmenschlich.... ostrreich sollte auch mal an die Juden zeit denken