: Asterix und Obelix als Lateinlehrer
■ Umfrage unter Hamburger SchülerInnen: Was lernt uns der obstinate Gallier?
Kennen Sie Asterix? Na klar, der Gallier, der mit dem dicken Freund und dem schon (fast) legendären Spruch „Die spinnen, die Römer“. Und wie steht's mit Vercingetorix? Fehlanzeige, fanden jetzt Hamburger Philologie-StudentInnen heraus, die über 1000 SchülerInnen an Gesamtschulen und Gymnasien befragten. Während der kleinwüchsige und listige Früh-Franzose den jugendlichen HamburgerInnen durchaus ein Begriff ist, haben sich antike Ereignisse und Personen weniger gut eingeprägt.
Solveig Malatrait und Kai Nerger, StudentInnen am Institut für Griechische und Lateinische Philologie der Universität Hamburg, wollten wissen, ob sich römische Geschichte tatsächlich besser aus den Bildergeschichten der Franzosen Uderzo und Goscinny erlernen läßt als zum Beispiel aus Caesars „Der Gallische Krieg“. Dazu verteilten sie Fragebogen an Latein- und Französischklassen und erfragten, säuberlich nach Altersklassen getrennt, was den SchülerInnen denn nun so einfiele zu Kleopatra und Caesar und anderen historischen Figuren.
„Die Asterix-Hefte vermitteln Wissen nicht zuverlässig jedem Leser, sondern sie bieten es dem Interessierten in korrekter Form an“, konstatieren die beiden ForscherInnen. Im Klartext: Jeder merkt sich, was er will. Zum Beispiel der gallische Feldherr Vercingetorix. Den kannten nur zwölf Prozent der SchülerInnen, und lediglich knappe vier Prozent wußten, daß er Averner und von Caesar besiegt worden war.
„Diese groben Fakten hätten sie jedoch aus unterschiedlichen Asterix-Heften lernen können“, bemerkt dazu etwas säuerlich der Uni-Pressedienst, der einen Teil der Malatrait/Nerger-Ergebnisse zusammengefaßt hat. Ein pädagogischer Zeigefinger, der von den beiden ForscherInnen so gar nicht erhoben wird. Denn in erster Linie würden die Abenteuer der unbeugsamen Dorfbewohner eben nicht als Geschichtsbuch, sondern als „amüsante Unterhaltung“ mit einer „Liebe für historische Details“ betrachtet. Die auch schon mal nationalbewußt über die Stränge schlagen kann: So charakterisieren Asterix-KonsumentInnen Julius Caesar ganz aus gallischer Sicht als „jähzornig“, eine Eigenschaft, die dem römischen Feldherrn, der von seinen Legionären liebevoll als „glatzköpfiger Ehebrecher“ bezeichnet wurde, nun wahrlich nicht anzulasten ist.
In anderen Bereichen krochen die SchülerInnen der Comic-Handlung jedoch nicht auf den Leim: Über die miese Situation römischer Sklaven zum Beispiel waren sie sich durchaus im klaren - auch wenn die sich im aster- und obelixschen Rom selbst zum Verkauf anbieten.
Wenig überraschendes Fazit von Malatrait/Nerger: Um die parodistischen Verzerrungen genießen zu können, muß man sich in der Geschichte schon ein wenig auskennen. Spannender ist da schon ein anderes Auswertungsergebnis. Konservative Ängste, der altsprachliche Unterricht könnte statt mit „De bello gallico“ durch lateinische Asterix-Lektüre verwässert werden, wurden von den befragten SchülerInnen selbst ausgeräumt. Die lehnten mehrheitlich entsprechende pädagogische Versuche als „anbiedernd“ ab. bit
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