Künftig regiert uns die große Koalition der Bewahrung: Merkels neoliberales Coming-out findet nicht statt, die SPD wird die Gunst der Stunde nicht nutzen, keine Lobbys überfahren und keine Besitzstandswahrer in die Pflicht rufen
Schröder hat Recht: Die Medien mögen ihn nicht mehr. Aber er sollte das nicht persönlich nehmen: Der Mechanismus, Neulinge hochzuschreiben, um sie, oben angekommen, als Kaiser ohne Kleider zu enttarnen, ist kaum heilbar
Weil SPD und PDS in den Neunzigerjahren ihren Zusammenschluss verschnarcht haben, kann Gerhard Schröder jetzt auf höchst unsportliche Weise die rote Karte für die stärkste Spielerin in der gegnerischen Mannschaft fordern
Wenn es am kommenden Sonntag nicht reicht für Schwarz-Gelb, ist das weniger ein Erfolg für Schröder, als eine Niederlage für die Ist-ja-praktisch-eh-schon-dran-Merkel. Schröder kann’s wurscht sein. Er bleibt Kanzler der Herzen
Die steigenden Benzinpreise zeigen: Es war eine Scheißidee der CDU-Umweltminister Klaus Töpferund Angela Merkel, in den 90ern die Ökosteuer zur erklärten Programmatik der Unionsparteien zu machen
Keine Sorge, der Kanzler wird die Wahl schon nicht gewinnen. Auch wenn viele Wähler seine Nachfolgerin Angela Merkel inzwischen als eine Drohung kennen gelernt haben, bei der sie es lieber bewenden lassen würden
Der Weltjugendtag hat schlaglichtartig einen neuen Standortvorteil Kölns beleuchtet: Die Stadt mit dem Dom kann Stampeden in den Geschmacksrichtungen betrunken, schwul und katholisch bewältigen
Angela Merkels Weigerung, sich einem zweiten TV-Duell mit Gerhard Schröder zu stellen, ist die Ankündigung der Wiederkehr Kohl’scher Arroganz. Aber die Meinungshegemonie wird’s schon transportieren
Das Programm der Linkspartei ist Ablehnung. Bleibt die strategische Funktion: Es gibt trotz der Sozialdemokraten noch eine Möglichkeit für Willy Brandts Mehrheit „links der Mitte“. Jetzt kann sogar Borussia Dortmund Meister werden
Suchen statt aussagen, starren statt interpretieren: Der Bundespräsident mit den toten Augen eröffnete den Wahlkampf. Und die Kontrolleure des öffentlich-rechtlichen Fernsehens hielten ihre fest geschlossen
Der bayerische Innenminister ist bei der Bekämpfung des Islamismus überraschend schüchtern. Über das Programm der neuen Linkspartei kann man das nicht behaupten. Und das öffentlich-rechtliche Fernsehen schießt Eigentore
Entweder wir glauben, dass der Terror den Islam als Rechtfertigung missbraucht, oder wir spielen Religionskrieg. Die Terroristen wird’s freuen. Und VW ist ein erfolgreicher Konzern, trotz – oder gerade wegen – seines Betriebsrats
Des Kanzlers Auftritt in der Vertrauensfrage lässt einen hoffen – auf Fischer. Schröder ist zu defensiv, die vermeintlichen Umstürzler in der SPD sind überbewertet. In der Regierung hat sich die SPD ans Opponieren geklammert
Die Grünen verhalten sich suizidal und sind der FDP näher als ihnen lieb sein kann. Die Richtung fehlt. Höhere Steuern für Millionäre ersetzen kein Konzept für soziale Gerechtigkeit. Da werden auch keine Neuwahlen helfen
Merkel, ein schwuler Vizekanzler und Rita Süssmuth hätten gemein, dass es sie ohne die 68er und Rot-Grün nicht gäbe. Beide haben den Klimawechsel zur Moderne eingeleitet. Die Dankbarkeit wird sich im Herbst in Grenzen halten
Einen Vorteil hat Lafontaines Kandidatur ja: Er kann keine Honorare mehr für Auftritte in Talkshows verlangen. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass die Splittergruppen SPD/WASG/PDS nach der Wahl zu einer Machtalternative fusionieren
Es ist herzlich egal, ob die künftige schwarz-gelbe Regierung den Kündigungsschutz lockert und den Flächentarifvertrag kippt. Die Unternehmer werden selbst beweisen, dass das an der Massenarbeitslosigkeit nichts ändert
Falls das Alphatier Stoiber Probleme damit haben sollte, unter einer Frau Minister zu sein, muss man ihm suggerieren, ihm könne es straußoid wurscht sein, wer unter Superminister Stoiber Kanzlerin ist. Lafontaine fiel da auch drauf rein
Klar provoziert Rot-Grün Neidreflexe mit der Forderung, dass Manager von Staatsbetrieben ihre Gehälter offen legen sollen – und zwar bei der FDP, die auch gerne eine so dralle Stammtischparole produziert hätte
Müntes Heuschrecken sollten eigentlich Kannibalen heißen. Und die NRW-Grünen plakatieren in NRW „Schwarzgelb – nein danke“. In Dortmund und Aachen müsste das für unter fünf Prozent reichen