Artenschutz-Debatte um Weißen Hai: Die Spitze der Nahrungskette
Nach fünf tödlichen Angriffen seit September beginnt in Australien die Artenschutz-Debatte um den Weißen Hai. Umweltschützer raten von einer überstürzten Reaktion ab.
SYDNEY taz | Es klingt wie eine Szene aus einem Horrorfilm. Doch was Matt Holmes am Samstag erlebte, ist bittere Realität. Der junge Mann saß auf seinem Jetski, nur etwa hundert Meter vor der Küste Westaustraliens, als er beobachtete, wie direkt vor ihm ein Surfer von einem Hai angegriffen wurde. „Überall im Wasser war Blut“, so Holmes gegenüber dem australischen Fernsehsender ABC, „und ein massiver, massiver Weißer Hai umkreiste den Körper“.
Er habe versucht, nach der Leiche des Surfers zu greifen. Dann ging der Hai auf seinen Jetski los. „Ich bin dann eine Runde gefahren. Als ich wieder zum Körper des Opfers kam, hatte ihn der Hai bereits geholt“. Ben Linden, so der Name des Opfers, hatte keine Chance. Die Beißkraft eines Weißen Hais gehört zu den stärksten in der Natur. Schon kleine Exemplare der Spezies „Carcharodon carcharias“ können einen Menschen tödlich verletzen.
Der Fisch, der den 24-Jährigen getötet hat, soll fünf Meter lang gewesen sein. Das Angriffsverhalten des größten Räubers der Meere ist spektakulär: ein Weißer Hai schießt in der Regel überraschend aus der Tiefe hoch und verletzt sein in die Luft geschleudertes Opfer mit einem einzigen Biss. Dann wartet er, bis es verblutet, bevor er es frisst.
Nun entflammt landesweit eine Diskussion um den Schutz der mächtigen Tiere. Erneut forderten Kritiker, man müsse Haie systematisch verfolgen und töten. Zumindest solle man sie von der Liste der geschützten Tierarten nehmen, was eine Jagd auf die Fische erlauben würde.
Nur eine Attacke endet in der Regel tödlich
Ben Linden ist seit September in Westaustralien das fünfte Opfer. Normalerweise werden im Bundesstaat pro Jahr 15 Menschen angegriffen. Nur eine Attacke endet in der Regel tödlich. Fischereiminister Des Moore äußerte am Samstag Sorge über die steigende Zahl der Todesfälle. „Vielleicht sollten wir überlegen, ob sie eine geschützte Art bleiben sollten“, sagte er.
Umweltschützer und Wissenschaftler raten von einer überstürzten Reaktion ab. Der Weiße Hai, der vorwiegend in kühleren Gewässern lebt, steht zuoberst auf der Nahrungspyramide. Sollte das Tier fehlen, bestünde für das maritime Ökosystem die Gefahr eines Kollapses. Noch vor wenigen Jahren war die Art dem Aussterben nahe. 1997 wurde der Fisch unter Schutz gestellt.
Seither hat sich die Zahl der Tiere in verschiedenen Gebieten wieder erhöht. Die anhaltende Überfischung der Meere führe aber dazu, dass auch Weisse Haie immer weniger zu fressen hätten. Sie ernähren sich in erster Linie von anderen großen Fischen, und Seelöwen. Die wiederum fressen kleinere Meerestiere, von denen es immer weniger gibt, weil die Menschen zu viele konsumieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?