Arte zeigt Nebenwirkungen des Kriegs: Das Trauma vom Hindukusch
Der Arte-Themenabend "PTBS - Unsichtbar verwundet" zeigt oft ausgeblendete Folgen des Kriegs - Dienstag ab 21.00 Uhr.
Ihre Auszeichnungen würde Dana Theers am liebsten zurückgeben - "aus Nichtfürsorge", wie sie sagt. Bei einem Kosovo-Einsatz 1999 war die Einheit der heute 37-jährigen Soldatin auf Minen getreten. Theers sollte seelische Hilfe leisten und fühlte sich "komplett überfordert".
Die Folgen "eines Erlebnisses, das ans Eingemachte ging", waren tiefe Traurigkeit, Alkohol und Beziehungsstörungen. Sie zog sich zurück, Einkäufe beim Metzger widerten sie an, weil sie kein rohes Fleisch mehr sehen konnte. Auch wenn sie äußerlich gefasst ihre Erinnerungen in Jan Eekmans sehenswertem Doku beschreibt, sprechen ihre Augen eine andere Sprache.
Bei Presseterminen der Bundeswehr sieht das, was Dana und andere SoldatInnen der Schnellen Eingreiftruppe (Quick Reaction Force, QRF) in Krisengebieten leisten, ganz anders aus: Die Eliteeinheit wird da in allen ihren Vorzügen geschildert. Auch der Angriff mit einer Panzerfaust könne sie nicht von ihrem Auftrag ("kämpfen, schützen, helfen") abbringen oder ihr ruhiges und freundliches Auftreten gegenüber der afghanischen Bevölkerung untergraben, heißt es dann: Umsichtig berge sie verletzte Kameraden und verliere dabei die Übeltäter des Anschlags nicht aus dem Blick.
Offiziell reden die PR-Offiziere wie ihre Vorgesetzten nicht gern über die hässlichen Nebenwirkungen von militärischen Einsätzen, die seit dem Vietnamkrieg als PTBS, als posttraumatische Belastungsstörung, Eingang in die medizinische Literatur fanden. Im Ersten Weltkrieg und danach wurden Soldaten, die darunter litten, in psychiatrische Anstalten gesteckt oder als Simulanten verurteilt. Heute werden Therapie und Prävention nicht nur bei der Bundeswehr großgeschrieben. Doch dass alle für diese Doku angefragten Generäle absagten, entlarvt noch einmal anschaulich die Strategie des Verteidigungsministeriums, die hässlichen Konsequenzen der Bundeswehr-Einsätze kleinzuhalten.
Eekman zeigt die Opfer in Uniform, die am Hindukusch und anderswo nur helfen wollten, aber nun keinen Seelenfrieden mehr finden - und Psychologen, die mehr sein wollen als bloßer Reparaturbetrieb.
Am Bildschirm fügt sich das Ergebnis zu einer menschlich bedrückenden Reportage, die jenseits aller Betroffenheitsrituale schnelle Antworten und Lösungen vermeidet, sondern nüchtern und ohne Anflüge von Voyeurismus jene in den Fokus rückt, die wir sonst nur selten über ihre Erinnerungen berichten hören: Lakonisch-nüchtern, enttäuscht oder abgeklärt berichten BürgerInnen in Uniform, wie sie mit ihren Traumata, den Gerüchen von verbranntem Fleisch wie den Bildern von Toten und Schwerverletzten klarzukommen suchen. RB
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