„Wir stehen an einem Kreuzweg“
Der Priester Leonardo Boff war in den achtziger Jahren einer der prominentesten Kritiker des verknöcherten Katholizismus. Er wetterte gegen starre Kirchenhierarchien, setzte sich kritisch mit dem Zölibat auseinander und forderte ein menschlicheres Verständnis von Sexualität. Der Vatikan versuchte ihn nach Kräften zu deckeln – ohne großen Erfolg. Die marxistisch inspirierte Befreiungstheologie Lateinamerikas hat die amtskirchlichen Bevormundungen gut überstanden. 100.000 Basisgemeinden gibt es alleinin Brasilien. Leonardo Boff, inzwischen 59 Jahre alt und in Rio de Janeiro lebend, verließ vor sechs Jahren den Franziskanerorden. Er fordert eine gründliche Reformation der katholischen Kirche: „Nur so kann die Kirche zu neuer Luft kommen.“ Mit ihm telefonierte ■ Annette Kanis
6.6.1998