Polizeilicher Piratensender

■ Kripo setzt zur Observierung nachrichtendienstliche Mittel ein / Verfolgter fand am Auto einen Minisender / Polizei beschlagnahmte das entdeckte Gerät

Obwohl der Polizei generell der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gesetzlich untersagt ist, setzt sich die Berliner Polizei über dieses Verbot hinweg. Der taz wurde jetzt ein Fall bekannt, bei dem die Strafverfolger zur Observation einen Peilsender benutzten. Als der Verfolgte das Gerät bemerkte und seinem Anwalt übergab, wurde es flugs von der Kripo beschlagnahmt. Begründung: „Gefahr im Verzuge“. Der Vorfall begann in der vergangenen Woche. Ein Mann, nachts mit seinem Auto unterwegs, wird von drei Fahrzeugen verfolgt. Da gegen ihn zwei Ermittlungsverfahren wegen Einbruchdiebstahls laufen, vermutet er hinter den Verfolgern Kripobeamte und versucht, sie abzuhängen. Dies gelingt ihm allerdings nicht. Er parkt und findet tatsächlich ein Kästchen mit Antenne - offenbar ein Peilsender - unter seinem Auto, befestigt mit zwei Magneten. Er bringt das Gerät zwei Tage später zu seinem Anwalt. Dieser fragt bei zwei Staatsanwälten nach, ob sie diese Art von Überwachung angeordnet hätten, doch von einer Observation mit nachrichtendienstlichen Mitteln ist dort nichts bekannt.

Zwei Stunden später erscheinen plötzlich in der Anwaltskanzlei zwei Kripobeamte mit einem polizeilichen Beschlagnahmebeschluß und kassieren das Gerät ein. Der Anwalt erhebt sofort Widerspruch, um sich den Beschluß vom Gericht bestätigen zu lassen, doch das ist bislang noch nicht erfolgt. „Von der Polizei beschlagnahmt werden kann ein Gegenstand nur, wenn er als Beweismittel dient und Gefahr im Verzug ist“, erläutert der Anwalt, Olaf Franke. Für seinen Mandanten hat er jetzt Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt wegen „aller in Betracht kommender Straftaten“. Außerdem will er Beschwerde beim Polizeipräsidenten erheben und den Fall vor das Verwaltungsgericht bringen.

„Wir haben keinerlei Maßnahmen angeordnet“, bestätigte Justizsprecher Volker Kähne gestern gegenüber der taz. Alle Maßnahmen seien von der Polizei ausgegangen. „Der Mann wurde von uns observiert mit einem technischen Hilfsmittel zur akustischen Ortung, das Signale aussendet“, bestätigte Polizeisprecher Glaser. Ungewöhnlich scheint diese Methode nicht zu sein, denn bei polizeilichen Observierungen, so erläuterte Glaser weiter, „werden je nach Bedarf auch technische Hilfsmittel angewandt“. Wieso die Kripobeamten den Peilsender beschlagnahmten, wollte Glaser nicht erläutern. Das Ermittlungsverfahren dürfe nicht gestört werden. Die ganze Aktion bewege sich im Rahmen der Gefahrenabwehr.

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