Rauer Umgangston der Parteien gerügt

Thierse, Spiegel und Kock mahnen gepflegtere politische Sitten an

BERLIN ap/dpa/afp ■ Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sieht die Demokratie durch „Vorwurfsorgien“ und „Beschuldigungsexzesse“ gefährdet. Der Umgangston zwischen den Parteien sei zuletzt immer rauer geworden, beklagte der Sozialdemokrat. Insbesondere kritisierte Thierse, dass immer öfter Nazi-Vergleiche herangezogen würden. Sie sollten nicht erlaubt sein, weil sie einerseits eine Verharmlosung der Naziverbrechen seien und andererseits dem politischen Konkurrenten die demokratische Qualität absprächen.

Auch Paul Spiegel, Chef des Zentralrats der Juden, beobachtet die von Politikern gezogenen Vergleiche mit der Nazizeit besorgt: „Was steckt eigentlich dahinter, wenn überzeugte Demokraten solche Vergleiche ziehen?“ Spiegel appellierte an die Politiker, „diese unzulässigen, zumeist beleidigenden Vergleiche mit dem Nationalsozialismus“ zu unterlassen. Zudem warnte er davor, dass die schwierige wirtschaftliche Lage rechte Kräfte stärken könnte.

Der Präses der Evangelischen Kirche, Manfred Kock, mahnte Regierung und Opposition ebenfalls, wieder zu einem neuen Stil in der Debatte zu finden. 2002 habe er oft den Eindruck gehabt, „die Achtung vor dem politisch anders Denkenden“ sei verloren gegangen, schrieb Kock in der Mainzer Allgemeinen Zeitung.