Noch mehr Lichter aus

Auch wenn er in Sonntagsreden viel beschworen wird: Der (Live-)Musikstandort Hamburg hat im ausgehenden Jahr an Attraktivität eher eingebüßt als gewonnen

Mit der Markthalle konnte im Frühjahr 2002 eine überregional bedeutsame Livemusik-Institution Jubiläum begehen. Seit 25 Jahren bietet man einen Ort für „alternative Kultur in alternativen Räumen“, wie Christina Weiss einmal befand: Spät-Hippie-Tempel und Punkrock-Schuppen, Debütierbühne für große und kleine Namen des internationalen Rock- oder auch HipHop-Geschäfts, schließlich Forum für Tattoo-Conventions und Reptilien-Tauschbörsen.

Mit solch multifunktionaler Bespielbarkeit ist das Rezept des bescheidenen Erfolges wohl umrissen: Der Konzertbetrieb allein scheint ein Überleben im weitgehend subventionsfreien Raum so genannter „U-Musik“ nicht mehr zu garantieren. Manchem Club ist schlicht die Zielgruppe abhanden gekommen während der vergangenen 25 Jahre. Andere freilich, etwa das Knust, das Marquee oder der Mojo-Club, sahen sich trotz gut gehender Geschäfte im ausgehenden Jahr zu schließen gezwungen.

Vielleicht auch weil in der populären Musik traditionell eine geradezu romantische Idee vom Auf-eigenen-Beinen-Stehen vorherrschte, sah kaum ein Lokalpolitiker ernsthaften Bedarf, dem zunehmend vorstellbaren Kahlschlag des Musikstandorts Hamburg – gerade in einschlägigen Sonntagsreden immer wieder als ach so bedeutend gepriesen – zu begegnen. Dabei sind Erfolgsmeldungen eigentlich billig zu haben: So wies man jüngst mit einigem Stolz darauf hin, dass die Prämien für ambitionierte Liveclubs trotz Krise aufgestockt werden.

Freilich: Von den nunmehr 71.000 Euro, die 2003 vergeben werden, kommt der größere Teil von der Deutschen Phono-Akademie. Diese indes zieht, wie so viele in der Branche, nach Berlin um, so dass in Zukunft eher die dortige Musiklandschaft in den Genuss ausgelobter Gelder kommen könnte. Dann gehen noch mehr Lichter aus bei Hamburgs musikalischen Unternehmen diesseits von Staatsoper und Orchesterapparat. Alexander Diehl