Karpfen macht blau

Der berühmte Jahresendfisch liegt ökologisch zwar im Trend, hat aber nicht mehr so viele Freunde

Graublau bis grün wimmelt es in der Hälteranlage bei Pattensen im Landkreis Harburg. Unzählige Spiegelkarpfen öffnen scheinbar im Takt ihre runden Mäuler. Sie suchen nach Nahrung im klaren Heidebachwasser der Aue, das durch die Anlage geleitet wird. Die eingehängten Netze sind voll. Dennoch: Die Zeit der traditionellen Karpfenessen mit Silberbesteck, Kerzenschein und gutem Wein ist offensichtlich vorbei.

Junge Familien wollen keinen Karpfen mehr auf den Tisch bringen. Karpfen blau ist kein sehr hippes Rezept, und andere Zubereitungsarten haben sich im Norden noch nicht durchgesetzt, das sagt Torsten Lübbers von einem der größten deutschen Importeure für lebende Fische. Außerdem gebe es weniger große Familien, die zu den Festtagen Karpfenessen zelebrierten. Ob Heiligabend, Silvester oder an anderen Wintertagen, hauptsächlich seien es die älteren Leute, die noch am traditionellen Karpfenessen festhalten.

Dabei liegt Karpfen als ökologisch produziertes und recht leicht bekömmliches Lebensmittel eigentlich im Trend, wundert sich auch Jens Schrader vom Interessenverband Lebendfischhandel. „Die Tiere wachsen natürlich in großen Teichen auf und ernähren sich nur von Plankton. Der Fisch ist dadurch nicht halb so fett wie Rindfleisch. Auch sein Cholesteringehalt liegt weit unter dem von Schweine-, Rind- und Hühnerfleisch“, zählt Schrader die Pluspunkte auf.

Neue Kunden haben die Händler inzwischen gewonnen, weil sie den Karpfen auch filetiert anbieten. Damit berücksichtigt der Handel die zahlreichen Single-Haushalte – und die Grätenhasser. Filets seien auch deshalb von Vorteil, weil die vielen kleinen Gräten des Schwanzteils mit einem Steaker zerhackt werden.

Karin Ridegh-Hamburg (dpa)