: vorlauf konzert Thomas Mauch hört aufden Sound der Stadt
Es liegt in der Luft. Überall schreit es: Besinnlichkeit. Allerorten krakeelt: der Ruf nach Einkehr. Und zum Jahresende will man es noch einmal wissen, das Höher-schneller-weiter. Eins, zwei, drei: Was sind die Dinge, die das Jahr lebenswert machten? Die Charts, bitte sehr! Gut: In der Wertungsstufe Experimentalmusik? Kommt vorneweg die aktuelle Beschallung auf den Weihnachtsmärkten. Weil hier wirklich der Kulturbegriff auf den Prüfstand gestellt wird. Ganz existenziell. Man muss sich zum Beispiel fragen, ob man Musik überhaupt mag. Vorn in der Sparte „mittelgrößtes Versäumnis“ steht? Nicht bei Gordon Gano im Silverwings gewesen zu sein. Gerade mal drei Dutzend Aufrechter verloren sich vor zwei Wochen beim Violent-Femmes-Macher, der zum Trotz bestens aufgelegt war und ein Rock-’n’-Roll-Konzert von der Bühne schlenzte, das man dankbar bei den sympathischen Ereignissen des Jahres abstellt. Musste wenigstens erwähnt sein. Und dass hinterher keiner jammert, man habe ihm nichts gesagt: Es gibt immer eine letzte Chance, und die muss man am heutigen Freitag im Jazzkeller Treptow (Parkhaus) nutzen. Das ist dann aber auch das allerletzte Mal, dass dort Musik gemacht wird. Weil halt mit Geld und Zuwendung gegeizt wird und Verdienste wenig zählen. Über drei Jahrzehnte lang hielt man hier Ausschau nach Aktualität, ohne den Jazz an den ewigen Standards abzumessen, und natürlich wird das auch beim Abschiedskonzert mit The Ornette Coleman Stuff so sein, bei dem gewiefte Musiker wie „Luten“ Petrowsky und Ulrich Gumpert alle Wehmutstränen wenigstens während der Show vertreiben werden. Im nächsten Jahr geht der Jazzkeller ins Exil, nach Mitte: Neues dann im Waati in der Reinhardtstraße.