Weihnachten im Knast

Ausländerbehörde hält 18-jährigen Rom in Abschiebehaft, dessen junge Frau im Februar ein Kind erwartet. Gericht ordnet zwar Freilassung an – aber ohne Folgen

Weihnachten im Familienkreis: Für den 18-jährigen Ejub R. ein Traum, der sich nicht erfüllen wird. Jedenfalls, wenn es nach der Ausländerbehörde geht. Die ordnete Anfang Oktober die Abschiebehaft für den Roma-Teenager aus Bosnien und seinen 19-jährigen Bruder an. Dort sitzen die beiden, die seit knapp zehn Jahren in Berlin leben, immer noch, obwohl das Verwaltungsgericht zwischenzeitlich Ejub R.s Freilassung anordnete. Denn Ejub R. ist in einer traditionellen Roma-Ehe mit einer 14-Jährigen verheiratet. Die jugendlichen Eltern erwarten ihr erstes Kind.

Ein ärztliches Attest terminiert die Geburt für Anfang Februar und stellt fest, dass die Kindesmutter durch die fortgesetzte Abschiebehaft des werdenden Vaters unter erheblichem psychischen Belastungen leide und dadurch die Gefahr einer Frühgebot drohe. Dieser Argumentation schloss sich auch die 27. Kammer des Verwaltungsgerichts an. Die Betreuung der Schwangeren „durch den Kindsvater ist zwingend erforderlich“, entschieden die Richter am 4. Dezember und ordneten die Haftentlassung von Ejub R. an. Die Ausländerbehörde reagierte sofort: Sie erteilte ihm die ersehnte Duldung – und beantragte gleichzeitig, ihn weiter in Haft zu halten. Schließlich, so die Beamten, könne die im siebten Monat Schwangere auch ihrem Ehemann nach Bosnien nachreisen.

Dort befinden sich nach ihrer Abschiebung aus Berlin im Herbst inzwischen Ejub R.s Eltern und seine drei jüngeren Geschwister im Alter von 6 bis 15 Jahren. Eine Rückkehr der Familie in das Dorf bei Svornik, das sie 1992 auf der Flucht vor serbischen Gewalttaten verließen, ist noch immer nicht möglich. Ejub R.s Großfamilie, die zuvor mit rund 40 Menschen in dem Dorf lebte, verlor durch den Bürgerkrieg mehr als zwanzig Angehörige. Im Haus der Familie wohnen heute Serben. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR berichtet in regelmäßigen Abständen über die fortgesetzte Diskriminierung von Roma in serbisch dominierten Gebieten.

Rechtsanwalt Kajetan Mahrhofer will die Hoffnung nicht völlig aufgeben. Wenn die Ausländerbehörde wolle, böte das Gesetz die Möglichkeit der Haftverschonung. Im Übrigen, so Mahrhofer, gehe es „nicht allein um die Freiheit von Ejub R., sondern um die Gesundheit eines ungeborenen Kindes und der Mutter“. HEIKE KLEFFNER