„Zeichnet Einzugsermächtigungen!“

Beim „Tag des sozialen Protestes“ wird an zwei Aktionen in Friedrichshain-Kreuzberg deutlich, dass Arme und Reiche neuerdings umgekehrt proportional zusammengeschweißt sind. Als Satire inszeniert, macht das sogar Spaß

Die Väter des Bankenskandals haben gut lachen, wird ihr grandios angelegter Umverteilungscoup von unten nach oben vom gemeinen Berliner doch mit bemerkenswertem Gleichmut quittiert. Selbst am „Tag des sozialen Protestes“, zu dem ein Bündnis linker Initiativen aufgerufen hat, sind die Hauptstadtbewohner nicht massenhaft erschienen. Dabei hätten sie allen Grund. Denn bei der arrangierten Ehe zwischen Sozialabbau und Gewinnmaximierung ziehen die meisten den Kürzeren.

Bei zwei Aktionen in Friedrichshain-Kreuzberg wurde genau jene Verbindung deutlich, die Arme und Reiche in Bezug aufs Geld neuerdings umgekehrt proportional zusammenschweißt. Zuerst versammelte sich ein Dutzend „Altgrüner“ vor dem Obdachlosenheim in der Schlesischen Straße. Die vor sechs Jahren für rund 6 Millionen Euro sanierte Einrichtung wurde geschlossen. Eine Million Euro Einsparung im Bezirkshaushalt soll damit erzielt werden, argumentiert Sozialstadträtin Kerstin Bauer (PDS).

„Luftbuchung“, sagen die Bezirksverordneten von Bündnis 90/Die Grünen, denn die Obdachlosen, die nun in anderen Einrichtungen untergebracht sind, schlagen im Bezirkshaushalt immer noch mit 700.000 Euro zu Buche. Mit dem Geld hätte ein Konzept von freien Trägern im Haus verwirklicht werden können, das vom Bezirksamt jedoch abgeschmettert wurde. „Jahrelang haben wir dafür gekämpft, dass die privat betriebenen Läusepensionen geschlossen werden“, sagt die Grünen-Abgeordnete Barbara Oesterheld. Nun werde das Rad zurückgedreht. „Es wird immer da gespart, wo keine Lobby ist.“

Genau an dieser Stelle hakt der Protest auf der Oberbaumbrücke vor den Universal-Studios ein. Eine satirische Umkehrung der Verhältnisse wird dort von der Gruppe FelS (Für eine linke Strömung) inszeniert. Mittellose Berliner und Berlinerinnen huldigen dabei „dem Investor“. „Faule raus“, ist die Lieblingsparole der etwa 100-köpfigen Demonstration, die vom „Investor“ in seiner schwarzen Limousine angeführt wird. Dieser befriedet den Pöbel auf eloquente Weise. Berlins Problem sei nicht die Armut, sondern die schlechte Laune. „Zeichnet Einzugsermächtigungen“, lautet seine Forderung, „damit wir unsere Visionen mit eurem Geld verwirklichen können.“ Der Pöbel ist bereit: „Willig & billig“ steht auf den Transparenten. „Leih mich“ und „Spree juchee.“ Selbst über das Gesicht des Polizisten zieht sich ein Lächeln. WS