OFF-KINO

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Kürzlich verstarb mit dem britischen Mimen Christopher Lee einer der ganz Großen des internationalen Films, der auf und jenseits der Leinwand stets eine beeindruckende Figur abgab. Angeblich hat er die umfangreichste Filmografie der Welt, doch natürlich identifiziert ihn bis heute jeder mit seiner bekanntesten Rolle als distinguierter Graf Dracula in den diversen Horrorproduktionen der britischen Filmgesellschaft Hammer. „Dracula“ (1958) beschritt seinerzeit neue Wege in der Darstellung von Gewalt und Erotik im Horrorfilm: Nie zuvor hatten sich ziemlich steilbrüstige Frauen derart wollüstig auf ihren Betten geräkelt, um den Biss des attraktiven Grafen zu empfangen, dessen Unwesen schließlich Dr. Van Helsing (Peter Cushing) mit einem hölzernen Pflock ein Ende bereitet. Wie alle Hammer-Filme zeichnet auch „Dracula“ der Sinn für Stil aus, der Spaß an der Rekreation der viktorianischen Epoche mit ihren steifen Kragen und Backenbärten (OmU, 3. 7., 22. 15 Uhr, IL Kino).

Das Zeughauskino widmet sich in einer Filmreihe jenen amerikanischen Filmproduktionen, die im Deutschland der Nazizeit noch zahlreiches Publikum fanden. Saßen doch auch in der obersten Etage der Staatsführung mit Hitler und Goebbels ausgesprochene Filmfanatiker. Dass sich der deutsche Film jener Jahre auch an amerikanischen Genres orientierte, zeigt das Programm vom 4. Juli: Paul Martins Musikkomödie „Glückskinder“ (1936) bezieht sich deutlich auf Frank Capras berühmte Screwball-Komödie „It Happened One Night“ (vor Heirat geflüchtete Millionenerbin trifft hartgesottenen Reporter) und schickt das bewährte „Traumpaar“ Lilian Harvey und Willy Fritsch in New York durch eine ebenso freche wie temporeiche Verwechslungshandlung. Einer der fröhlichsten und unbekümmertsten Filme jener Jahre (It Happened One Night, in zeitgenössischer deutscher Synchronisation, 4. 7., 18. 30 Uhr; Glückskinder 4. 7., 21 Uhr, Zeughaus).

Einer der besten Science-Fiction-Filme ist noch immer Jean-Luc Godards „Alphaville“ (1965), eine im winterlichen Paris gefilmte Zukunftsvision ohne Spezialeffekte. Für die Geschichte einer vom Supercomputer Alpha 60 beherrschten Zukunftswelt, in der eine grausame Diktatur der Logik an die Stelle von Liebe und Poesie getreten ist, verfremdeten Godard und sein Kameramann Raoul Coutard einfach ein wenig die Realität: Das ultramoderne Esso-Verwaltungsgebäude im damals neuen Pariser Viertel La Defense dient mit seiner Glas- und Stahlarchitektur als Zentrale der Macht, ein irreal beleuchtetes Hallenbad wird zum Schauplatz einer Massenexekution, und der Supercomputer war laut Godard „ein Philips-Ventilator für drei Dollar, von unten angeleuchtet“ (OmU, 7. 7., 19. 30 Uhr, Arsenal 2).