EU-Debakel um Verteilung von Flüchtlingen

BRÜSSEL taz | Die Flüchtlingspolitik entwickelt sich zu einem Spaltpilz für die EU. Bei ihrem zweitägigen Gipfeltreffen in Brüssel konnten sich die Staats- und Regierungschefs nicht auf verbindliche Quoten für die Aufnahme von Flüchtlingen einigen. Pro Asyl sprach von einem Debakel, Belgien kritisierte den Verzicht auf die Quote scharf.

Die stundenlange Nachtsitzung der 28 EU-Chefs sei „praktisch umsonst“ gewesen, sagte der belgische Premierminister Charles Michel. Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sprach von einem faulen Kompromiss.

Die Regierungen hatten beschlossen, 60.000 Flüchtlinge auf freiwilliger Basis über die EU zu verteilen. 40.000 sollen aus Italien und Griechenland kommen, die bisher die meisten über das Mittelmeer kommenden Flüchtlinge aufgenommen haben. Die übrigen 20.000 Plätze sind für Flüchtlinge aus Bürgerkriegsländern wie Syrien reserviert. Wie die Verteilung laufen soll, ist unklar.

Der Beschluss fällt weit hinter den Vorschlag der EU-Kommission zurück. Sie hatte sich für verbindliche Quoten nach einem gemeinsam definierten Schlüssel ausgesprochen. Dabei sollte die Wirtschaftskraft ebenso berücksichtigt werden wie die Zahl schon aufgenommener Flüchtlinge. Doch nicht nur Großbritannien, das sich ohnehin ein „Opt-out“ gesichert hat, sondern auch die osteuropäischen Visegrad-Staaten stemmten sich dagegen.

Bei der Aussprache in der Nacht flogen die Fetzen. Der italienische Regierungschef Matteo Renzi warf den Neinsagern Egoismus und Mangel an Solidarität vor. „Wenn dies eure Idee von Europa ist, dann könnt ihr sie behalten“, sagte Renzi italienischen Angaben zufolge.

Kommissionschef Juncker sagte nach der Sitzung, das Ergebnis zeige, „dass Europa nicht auf der Höhe der Prinzipien ist, die es fordert“. ERIC BONSE