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Der Traum von Frieden, Sicherheit, Selbstbestimmung

RÜCKBLICK 50 Staaten beschlossen am 26. Juni 1945 in San Francisco die Charta der Vereinten Nationen

Genf taz | Heute vor 70 Jahren, am 26. Juni 1945, beschlossen Delegierte von 50 Staaten nach knapp vierwöchigen Verhandlungen in San Francisco die Charta der Vereinten Nationen. Die Vorgeschichte der UNO begann allerdings bereits vier Jahre vor dieser Gründungskonferenz .

Sie war – wie diese Konferenz – ganz wesentlich von den Interessen und Vorstellungen der USA geprägt, die nach ihrem Eintritt in den 2. Weltkrieg im Dezember 1941 und mit dem Sieg über Nazideutschland und Japan im April und August 1945 zur unangefochten stärksten Weltmacht aufgestiegen waren.

Am 14. August 1941 einigten sich US-Präsident Franklin Roosevelt und der britische Premierminister Winston Churchill in ihrer „Atlantik Charta“ auf gemeinsame „Prinzipien zur Erhaltung von Frieden und Sicherheit“.

Auf Druck der USA stimmte Churchill dabei auch dem Prinzip des „Selbstbestimmungsrechts aller Völker“ zu, was auf die Auflösung des weltweiten britischen Kolonialreiches hinauslief. In einem künftigen „dauerhaften System der allgemeinen Sicherheit“ wollten die USA und Großbritannien die Rolle der Weltpolizisten übernehmen. Im Januar 1942 stellten sich 26 weitere Staaten, die am Krieg gegen die „Achsenmächte“ Deutschland, Italien und Japan beteiligt waren, hinter die Prinzipien der Atlantik Charta. Ihre Erklärung begann mit den Worten: „Wir, die Vereinten Nationen …“

Bei einem Treffen in Moskau im Oktober 1943 forderten die Außenminister der Sowjetunion, der USA und Großbritanniens sowie der chinesische Botschafter „die Schaffung einer „ständigen internationalen Organisation für Sicherheit und Frieden“. Im Dezember 1943 legte das State Department in Washington Präsident Roosevelt einen Plan für den Aufbau einer Weltorganisation vor. Der sah bereits drei der Kerninstitutionen der späteren UNO vor: Sicherheitsrat, Generalversammlung, Internationaler Gerichtshof.

Auf einer Expertenkonferenz im amerikanischen Dumbarton Oaks erarbeiteten die USA, Großbritannien, die Sowjetunion im Sommer 1944 einen ersten Entwurf für das Statut der künftigen UNO. Und im Februar 1945 beschlossen Roosevelt, Churchill und Stalin in Jalta „eine allgemeine, internationale Organisation zur Erhaltung von Frieden und Sicherheit einzurichten“ und luden zur Gründungskonferenz nach San Francisco ein. In Jalta einigten sich die „Großen Drei“ auch darauf, für sich selber und für China einen ständigen Sitz im künftigen UNO-Sicherheitsrat sowie das Vetorecht durchzusetzen.

Nachdem die Alliierten Paris im August 1944 von der deutschen Besatzung befreit hatten, wurde Frankreich als fünftes Mitglied in den Kreis der privilegierten Mitglieder der künftigen Weltorganisation aufgenommen. Zur am 2. Juni 1945 eröffneten Gründungskonferenz in San Francisco reisten die 49 ausländischen Delegationen sämtlich mit dem Schiff über New York an und weiter mit der Eisenbahn an die Westküste. Der US-Geheimdienst hörte sie bereits in den Zügen ab, sowie während der 25 Konferenztage rund um die Uhr in ihren Hotels. So war die US-Delegation immer bestens über die internen Diskussionen und Verhandlungspositionen der anderen 49 Delegationen informiert.

Zwei Jahre später beschlossen die Gründungsstaaten der UNO auf einer der Konferenzen in Bretton Woods nicht nur die Gründung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF), sondern auch einer „Internationalen Handelsorganisation“ (ITO). Diese sollte wie die Internationale Arbeitsorganisation oder die Weltgesundheitsorganisation integraler Bestandteil des UNO-Systems werden.

Die Schaffung der ITO wurde von den USA in der Folge jedoch verhindert. Staatdessen betrieb Washington die Vereinbarung des „Allgemeinen Zoll-und Handelsabkommens“ (GATT), Vorläufer der heutigen Welthandelsorganisation (WTO) außerhalb der UNO. ANDREAS ZUMACH

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