Ärzte warnen vor Klimawandel

GESUNDHEIT Experten sehen Klimaschutz als „größte Chance“ für bessere medizinische Versorgung

BERLIN taz | Nach den Wissenschaftlern, Ökonomen und Theologen melden sich nun auch die Mediziner mit der Forderung nach verstärktem Klimaschutz zu Wort. Die internationale „Lancet-Kommission für Gesundheit und Klimawandel“ hat ein halbes Jahr vor der entscheidenden Klimakonferenz in Paris erklärt, der Kampf gegen den Klimawandel könne „die größte Chance für die globale Gesundheitsversorgung im 21. Jahrhundert“ sein. In einer Studie, die Dienstag in der Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht wird, warnt die Kommission aber auch, der Klimawandel gefährde die Gesundheit von Millionen.

Denn wenn es heißer wird, leidet die Gesundheit, stärkere Stürme und Extremwetter gefährden Einwohner ebenso wie Dürren oder Überschwemmungen. Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke und Öfen im Haus sei in vielen armen Ländern „der große Killer“, aber der Klimawandel bringe auch Allergien, Seuchen, Armut, Hunger, Flucht vor Katastrophen und psychischen Stress mit sich.

Die Lancet-Kommission besteht vor allem aus europäischen und chinesischen Medizinern, Klimaforschern, Biologen und Ökonomen. Ihr Report „Gesundheit und Klimawandel“ ist keine Schwarzmalerei, sondern betont die Chancen: So würde eine Abkehr von der Kohle die Luftverschmutzung und die Erkrankungen der Atemwege massiv reduzieren, die sonst ab 2030 weltweit zu 250.000 zusätzlichen Toten führen würden.

Auch ein grüneres Verkehrssystem würde Unfälle reduzieren und Krankheiten wie Fettleibigkeit und Kreislaufprobleme entschärfen. Schließlich bringe die weiträumige Versorgung mit sauberer Energie die Gesundheitsvorsorge vor allem in armen Ländern voran. Bislang, so die Studie, hätten nur ein Drittel der Krankenstationen im südlichen Afrika eine verlässliche Stromversorgung.

Die Wissenschaftler rufen ihre Kollegen auf, sich wie beim Kampf gegen Tabak oder Aids in die Klimadebatte einzumischen. Die Kommission fordert deshalb Geld für Forschung und den Aufbau von medizinischer Grundversorgung – aber auch das Aus für die Kohle, mehr erneuerbare Energien und einem internationalen Klimavertrag.

Allerdings sollten sich die Mediziner auch an die eigene Nase fassen, fordert eine andere Studie der britischen Organisation HCWH: Demnach verursachen allein die 15.000 Krankenhäuser der EU etwa 5 Prozent aller europäischen CO2-Emissionen. BERNHARD PÖTTER