SORGEN ALTER MÄNNER
: Der Duft kalter Asche

Nils Schuhmacher

Junge Männer teilen ihre Sorgen gerne mit. Sie schreien herum und ein Hauch von großen Anliegen umweht sie. Alte Männer teilen ihre Sorgen auch mit. Ihre Themen sind jedoch, so scheint es, eher von kleinem Format. Wer nach ihnen sucht, findet jedenfalls nicht den „Street Fighting Man“, der sich den Cops entgegenwirft, sondern nur Berichte des Bayerischen Rundfunks, die den Titel „Alte Männer schimpfen auf Raucherpolizei“ tragen.

Manche, weiß man seit Jens Rachuts Kollaboration mit den Goldenen Zitronen, schimpfen gar „auf die Luft“. Unrast gegen Starrsinn, zarter Duft der Anarchie gegen kalte Asche, antikolonialer Kampf gegen Verbitterung. Aber wie bei sogenannten islamistischen Jugendlichen: die Sache ist vielschichtiger.

Spontan kommen einem die Sleaford Mods in den Kopf. Zwei etwas abgehalfterte Herren vom Typ „Alt-Raver“, von denen der eine pausenlos keift. Gebrochen wird sein Auftritt dadurch, dass der andere pausenlos tanzt und somit über jeden Verdacht des Alters (künstliche Hüfte etc.) erhaben ist. Das Ganze ist bereits so beliebt, dass es in Hamburg bereits ausverkauft ist.

Vielleicht lässt sich im Dreieck von Rachut und genannter Band noch einer verorten, bei dem sich der Duft der Anarchie mit kalter Asche zu veritabler Einheit verbunden hat. Von Weitem betrachtet sieht Jack Terricloth aus wie jener junge Mann, der er beim Näherkommen schon nicht mehr ist. Aber das Programm steht (Theater, Punk, radikale Verweigerung, maximaler Rausch) und mit dieser Mischung hält man sich auch den Bayerischen Rundfunk (oder den geistigen Verfall) vom Hals (1. 7., 20 Uhr, Hafenklang).