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Archiv-Artikel

Die heilende Kraft der Musik

BARENBOIMS AKADEMIE

Daniel Barenboim will eine Befriedung, wenigstens im Nahen Osten

Man sollte vielleicht wissen, dass das erklärte Ziel der Internationale der Luftgitarrenspieler der Weltfriede ist. Weil doch der genau in dem Moment erreicht wird, wenn alle Menschen auf der ganzen Welt gemeinsam Luftgitarre spielen und deswegen gar keine Hand mehr frei für anderen Blödsinn haben.

Möglicherweise kann das aber auch mit Geigen und Beethoven klappen. Eine Befriedung, wenn schon nicht weltweit, dann doch wenigstens im Nahen Osten – das ist die Vision von Daniel Barenboim. Für sein Herzensziel sucht der argentinisch-israelisch-spanisch-palästinensische Dirigent und Generalmusikdirektor der Staatsoper dabei gerade die Konfrontation – mit den Mitteln der Musik: palästinensische und israelische Musiker, die gemeinsam spielen.

Vor 16 Jahren initiierte er zusammen mit dem palästinensischen Literaturwissenschaftler Edward Said das West-Eastern Divan Orchestra; mit der im ehemaligen Depot der Staatsoper einquartierten Barenboim-Said-Akademie folgt künftig die Ausbildungsstätte für Musiker aus dem Nahen Osten. Am Montag wurde Richtfest der Akademie gefeiert. Im Oktober 2016 soll der Betrieb aufgenommen werden. 33,7 Millionen Euro sind für das Projekt angesetzt, den größten Teil davon stemmt der Bund.

Ein kalendarischer Zufall mag dabei sein, dass der Festakt an der Französischen Straße nur ein paar Tage nach dem Richtfest für das in unmittelbarer Nähe gelegene Stadtschloss stattfand. Man darf beides aber schon zusammendenken, die Barenboim-Said-Akademie und das Stadtschloss. Letzteres will als Humboldt-Forum dereinst vor allem die außereuropäischen Sammlungen präsentieren und damit auch zeigen, dass man sich hier, mitten in der Stadt, nicht allein (oder vielleicht auch überhaupt nicht mehr) über lokale oder nationale Befindlichkeiten definieren möchte, sondern großräumiger denken will, globaler. Und das in einer Welt, der es nie an Konflikten fehlt, denen man sich erst einmal stellen und die man auch aushalten können muss.

„Music is the healing force of the universe“, meinte der Jazzmusiker Albert Ayler. Musik, eine heilende Kraft. Man muss es wenigstens versuchen. Am Sonntag können das Beethoven sein, Tschaikowsky und Wagner. Die Staatskapelle Berlin spielt, unter Barenboims Leitung, ab 13 Uhr auf dem Bebelplatz beim „Staatsoper für alle“-Konzert. Auch so ein universalistischer Kulturansatz. Der Eintritt ist frei.

THOMAS MAUCH